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ENERGIESICHERHEIT | Interview
Gemeinsam für Deutsch­ lands Energie: Die Bundes­ regierung schreibt der KfW „eine wichtige Rolle bei der Bewältigung
der Zukunftsaufgaben“ zu.
   DR. ROBERT HABECK
ist seit Dezember 2021 der erste grüne Bundes­ minister für Wirtschaft und Klimaschutz sowie Vizekanzler. Der promovierte Literaturwissenschaftler war Minister in Schleswig­ Holstein und Schriftsteller.
STEFAN WINTELS
ist seit November 2021 Vorstandsvorsitzender der KfW Bankengruppe. Zuvor war er Deutschland­ chef der Citigroup. Wintels ist leidenschaftlicher Fan von Werder Bremen und hat vier Kinder.
und erneuerbare Energien haben eine noch höhere Bedeutung. Wir müssen effizienter mit Energie umgehen. Wir müssen beim Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigen wie noch nie. Wir richten Handelsbeziehungen neu aus. Der Krieg hat vieles, das dringlich war, nur noch dringlicher gemacht.
Warum ist ein Energieembargo gegen Russland keine Lösung, Herr Habeck?
HABECK Wir haben zielgerichtete Sanktionen gegen Russland ver- hängt, die die russische Wirtschaft hart treffen. Trotz der Brutalität des Krieges müssen wir unsere Entscheidungen aber immer wägen. Denn jede Sanktion, die wir ergreifen, wirkt nur dann, wenn wir diese auch durchhalten – und zwar nicht nur ein paar Tage oder Monate, sondern, wenn es erforderlich ist, auch ein paar Jahre. Ende Februar hätte ich noch gesagt, ein Energieembargo hält Deutschland kaum aus. Seither ist bei Öl und Kohle viel passiert. Gemeinsam mit der Wirtschaft haben wir die Abhängigkeiten von russischen Importen deutlich reduziert. Die Auswirkungen eines Embargos bei Kohle und Öl sind mit entsprechenden Übergängen handhabbar geworden. Aber natürlich bedeuten alle Sanktionen auch Kosten. Das gehört zur Ehrlichkeit dazu.
Herr Wintels, Sie haben auf Ihrer ersten KfW-Pressekonfe- renz im Januar noch das Jahrzehnt der Entscheidung ausge- rufen. Haben Sie Ihre Meinung inzwischen geändert? WINTELS Ganz im Gegenteil! Ich habe dabei vor allem an die Bewältigung des Klimawandels und die nächsten Generationen gedacht. Das wird auch so bleiben. Eine weitere Dimension, die durch den Krieg in der Ukraine hinzugekommen ist, erhöht den Handlungsdruck, erneuerbare Energien noch stärker voranzu- treiben – und das kommt kommenden Generationen zugute. Herr Wintels, Herr Habeck, Sie sind beide neu im Amt. Welche Vorteile bringt dies aus Ihrer Sicht mit sich?
WINTELS Ich bin tatsächlich erst seit November 2021 im Amt. Ich bin sehr dankbar für das Vertrauen, das mir dabei entgegenge- bracht wird. Allerdings waren es bis heute auch sehr turbulente sieben Monate. Aus meiner Sicht ist der neue, unvoreingenom- mene Blick – auch in Zusammenspiel mit einer neuen Bundes-
Förderung von erneuerbaren Energien und Energieeffizienz. Aber auch der Infrastruktur, die es uns erlaubt, Energiequellen zu di- versifizieren. Deshalb beteiligt sich die KfW zum Beispiel am Bau des ersten deutschen LNG-Terminals in Brunsbüttel.
Gibt es auch Förderung gegen die steigenden Heizkosten?
WINTELS Im Grunde werden alle Maßnahmen gefördert, die Ener- gieeffizienz im wohnwirtschaftlichen Bereich steigern – entweder von der KfW oder von unserem Partner BAFA. Dazu gehören auch Investitionen in erneuerbare Energien, die Privatpersonen erlau- ben, selbst Strom und Wärme zu produzieren. Die Förderung ist mehrfach optimiert worden, zuletzt mit der Einführung von BEG 2021. Bis dahin wurden mit der KfW-Förderung bereits mehr als sechs Millionen Wohneinheiten, also 15 Prozent aller Wohnungen in Deutschland, energetisch verbessert oder neu gebaut. Ab 2023 möchten wir gemeinsam mit der Bundesregierung ein neues Programm auf den Weg bringen, das sich noch stärker auf die Wirkung der Maßnahmen fokussiert und dabei den Lebenszyklus einer Immobilie berücksichtigt.
Herr Habeck, Sie sind angetreten, um erneuerbare Energien zu fördern und den Klimawandel zu stoppen. Nun geht es um Energiesicherheit. Fällt Ihnen der Kurswechsel schwer? HABECK In Zeiten wie diesen sieht man, dass die Klimaneutralität und der Aufbau einer grünen Wirtschaft sowie Friedens- und Sicherheitspolitik mehr denn je zusammen gedacht werden müs- sen. Einen Kurswechsel sehe ich daher nicht: Klimaneutralität
8 | KfW Stories 01. 2022


















































































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