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  ENERGIESICHERHEIT | Interview
INTERVIEW Alia Begisheva FOTOS Thomas Meyer
Herr Habeck, am 14. April haben Sie Menschen in Deutschland zum Energiesparen aufgerufen. Der Wetterbericht für Berlin lautete: „Stark bewölkt bis
bedeckt, zeitweise Regen, Tiefstwerte 8 bis 6 Grad.“ Auf wie viel Grad hatten Sie Ihre Heizung eingestellt?
ROBERT HABECK Ich bin ohnehin eher ein Freund von kühlen Räumen. Und ich weiß, dass viele Menschen schon allein wegen der hohen Preise Energie sparen. Aber ich bitte jeden und jede zu schauen, wo vielleicht ein kleiner Beitrag möglich ist. Wenn man die Wohnung heizt und abends die Gardinen zuzieht, spart man bis zu fünf Prozent Energie. Und wenn man die Raumtemperatur um ein Grad senkt, sind es rund sechs Prozent. Wir können uns nur dann aus der Klammer russischer Importe befreien, wenn wir es als großes gemeinsames Projekt ansehen, an dem alle mitwirken. Und der günstigste und effizienteste Beitrag zu mehr Unabhängigkeit ist weniger Energieverbrauch. Wir haben daher vor einigen Wochen eine Energiesparkampagne gestartet, die zum Mitmachen einlädt.
Herr Wintels, sind Sie dem Rat von Herrn Habeck gefolgt?
STEFAN WINTELS Ich achte schon seit längerer Zeit auf einen spar- samen Umgang mit Ressourcen, nicht nur bei der Heizung. Nach Ausbruch des Krieges haben meine Frau und ich uns tatsächlich Gedanken gemacht, aber der Alltag mit vier Kindern sieht dann doch oft anders als geplant aus. Gleichwohl ist Energieeffizienz eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und insofern ist auch ein Beitrag von jedem Einzelnen wichtig. Ich bin zudem überzeugt, dass der Krieg in der Ukraine am Ende zu einer beschleunigten nachhaltigen Transformation führen wird.
Wie lautet Ihre Strategie für diese Transformation, Herr Habeck?
HABECK Die Energieversorgung auf robustere Säulen zu stellen. Der Ausbau der erneuerbaren Energien, eine beschleunigte Ener- giewende sind das A und O für eine günstige, unabhängige und sichere Energieversorgung. Wir haben in vergangenen Monaten mit allen Akteuren hart daran gearbeitet, uns Schritt für Schritt und Sparte für Sparte unabhängig von russischen Importen zu machen. Bei Kohle und Öl ist vieles geschafft, bei Gas sind die Dinge komplexer – hier liegt noch ein großes Stück Arbeit vor uns. Für den Übergang werden wir vor allem Flüssigerdgas aus anderen Weltregionen brauchen, und natürlich geht das nur mit
Neuanfang: Stefan Wintels und Robert Habeck sind mit wenigen Wochen Abstand ins Amt gestartet. Habeck hat momentan den Vorsitz im KfW-Verwaltungsrat inne.
Klimaneutralität und
Friedens- und Sicherheits-
politik müssen mehr denn
je zusammen gedacht
werden. Robert Habeck
der notwendigen Infrastruktur. Mit dem Bau schwimmender Flüssigerdgasterminals gehen wir deshalb einen wichtigen und notwendigen Schritt. Gleichzeitig denken wir aber auch die An- landeinfrastruktur zum Import von grünem Wasserstoff und Ammoniak bereits mit und treiben den Hochlauf von Wasserstoff weiter voran. Gerade für die Transformation in der Industrie wer- den wir große Mengen an grünem Wasserstoff benötigen. Warum gehen Sie nicht noch weiter und nutzen, wie Frank- reich, die Atomkraft?
HABECK Wir haben gesagt, dass wir uns diese Frage vorurteilsfrei anschauen. Deshalb haben wir gemeinsam mit dem Umweltminis- terium diese Frage geprüft. Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Verlängerung der Laufzeiten nur einen sehr begrenzten Beitrag leisten könnte – und dies zu sehr hohen wirtschaftlichen Kosten und mit verfassungsrechtlichen und sicherheitstechni- schen Risiken. Daher gehen wir diesen Weg nicht.
Herr Wintels, wie unterstützt die KfW die Strategie der Bun- desregierung?
WINTELS Wir haben unsere Förderung auf die Megatrends „Klima & Umwelt“ sowie „Digitalisierung & Innovation“ ausgerichtet, um die Wirtschaft und Gesellschaft bei der Transformation zu un- terstützen und die Resilienz sowie Souveränität Deutschlands zu stärken. Konkret bedeutet das, dass wir etwa den Mittelstand, der eine zentrale Rolle für die Pariser Klimaziele spielt, mit gezielten Programmen dabei unterstützen, die Kriterien der EU-Taxonomie zu erfüllen. Parallel fördern wir – zum Beispiel mit dem Zukunfts- fonds der Bundesregierung – innovative Technologieunternehmen, weil sie für die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands essenziell sind. Letztlich tragen Innovationen auch zur Klimaneutralität bei, etwa im Bereich Kreislaufwirtschaft und Elektromobilität. Gleichzei- tig leistet die KfW einen Beitrag, die Energie- und Versorgungs- sicherheit in Deutschland aufrechtzuerhalten. Dazu gehören die
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