Page 9 - KfW Stories 01-22
P. 9

regierung – von Vorteil. Und ich profitiere von meiner jahrelan- gen Erfahrung im Bankgeschäft: Am Ende muss man immer die Risiken abwägen und mit ihnen umgehen.
HABECK Herr Wintels und ich sind mit wenigen Wochen Abstand ins Amt gestartet. Ich habe das Amt des Bundeswirtschafts- und Klimaschutzministers im Dezember 2021 übernommen – auch wenn es sich ehrlicherweise schon viel länger anfühlt. Aber wie gesagt: Vieles von dem, was wir im Bereich Erneuerbare oder Energieeffizienz vorhatten, ist jetzt nur noch dringlicher geworden.
Herr Habeck, sind die Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft und unser Wohlstand momentan gefährdet?
H A B E C K Nach zwei Jahren Corona-Pandemie kommt durch den Krieg Russlands eine neue Belastung hinzu, die die Konjunktur und die Wirtschaft trifft. Der Krieg und seine wirtschaftlichen Auswirkungen erinnern uns daran, dass wir verwundbar sind. Gleichzeitig zeigen wir Woche für Woche in Europa, in der inter- nationalen Staatengemeinschaft und in Deutschland, dass unsere Demokratien leistungs- und handlungsfähig und wir in der Lage sind, sehr schnell zu reagieren und entschlossen gegenzuhalten. Die Bundesregierung tut alles, um die Substanz unserer Wirt- schaft auch in schwerer Zeit zu erhalten und uns zugleich aus der Klammer russischer Importe zu befreien.
Herr Wintels, wie gehen Sie damit um, dass Sie – anders als bei Ihrer vorherigen Tätigkeit – doch sehr von der Bundes- regierung abhängig sind?
WINTELS Ich sehe hier eine einzigartige Chance, durch meine Erfahrung und mein Netzwerk persönlich einen Zukunftsbeitrag zu leisten. Dies Aufgabe und Verantwortung nehme ich mit großer Freude wahr. Von Anfang an hat mich die Begeisterung der KfWler für die Sache beeindruckt und mich in der Entscheidung bestärkt, zur KfW zu wechseln. Die Stärke der KfW Bankengruppe besteht unter anderem darin, dass die KfW als Förderinstitut im Markt zu Hause ist. Da profitieren wir von unseren gut positionierten Tochtergesellschaften: KfW IPEX-Bank, DEG und KfW Capital. Wie sehen Sie denn die Rolle der KfW, Herr Habeck? HABECK Bereits in unserem Koalitionsvertrag haben wir der KfW als Investitions- und Innovationsagentur der Bundesregierung eine wichtige Rolle bei der Bewältigung der Zukunftsaufgaben zugeschrieben. Es gilt, die KfW neben der zügigen Umsetzung hochaktueller Programme – wie etwa dem KfW-Sonderprogramm für vom Ukraine-Krieg betroffene Unternehmen – in den kommen- den Monaten und Jahren weiter als finanzstarke Förderbank zu positionieren – insbesondere auch bei den Themen Energiewende, Klimawandel, Digitalisierung oder Innovationsförderung.
Herr Wintels, ist die Aufgabe zu groß für eine Förderbank?
WINTELS Die Entwicklungen der vergangenen Jahre zeigen, wie wichtig eine Förderbank ist: So war die Nachfrage nach den Hilfs-
Die KfW kann nur dann einen wirkungsvollen Beitrag leisten, wenn sie
sich selbst transformiert. Stefan Wintels
krediten nach Ausbruch der Corona-Pandemie enorm hoch. Wir konnten mehr als 155.000 kleine und mittelständische Unterneh- men in der Pandemie unterstützen und hierdurch Arbeitsplätze und Existenzen sichern. Die KfW wächst sehr selektiv und nur dort, wo es den politischen Auftrag gibt: etwa in den Bereichen Umwelt- und Klimaschutz, Digitalisierung, Innovation. Dafür ist die ergänzende Mobilisierung von privatem Kapital extrem wich- tig – diese Hebelwirkung betrachten wir daher als eine unserer zentralen zukünftigen Aufgaben.
Herr Habeck, Sie haben vor Kurzem gesagt, erneuerbare Energien sind demokratischere Energien. Wie meinen Sie das? H A B E C K Man kann es leicht zugespitzt so formulieren: Fossile Energien neigen immer dazu, Monopole zu schaffen. Ökonomische Monopole, aber auch politische Monopole. Sie müssen verteidigt werden. Erneuerbare Energien sind der Idee nach dazu geeignet, die Energieversorgung breiter aufzustellen und auch gesellschaft- lich zu verankern. Man kann den Wind nicht klauen, die Sonne gehört niemandem. Das heißt also: Wenn wir es klug anstellen, schaffen wir mit der richtigen Energiepolitik mehr Sicherheit, mehr Souveränität und mehr Freiheit.
Herr Habeck, Sie waren in Katar, auch die KfW war dabei. Ist es eine Dauerlösung, dass wir aus einem Land Energie beziehen, das von Menschenrechten anders denkt als wir? H A B E C K Je mehr erneuerbare Energie wir produzieren, desto we- niger sind wir auf andere Länder angewiesen. Dennoch müssen wir uns, wenn wir unabhängig von russischen Energieimporten werden wollen, bei der Energieversorgung breit aufstellen. Dass man dafür auch mit schwierigen Ländern reden muss, gehört zur Ehrlichkeit dazu. In Katar sind Menschenrechte nach wie vor ein Thema. Zwar hat sich in den vergangenen Jahren – auch durch Druck von außen – einiges verändert. So hat Katar als erstes arabisches Land einen Mindestlohn eingeführt. Dennoch gibt es noch Problemfelder, und die sprechen wir auch offen und klar an. Herr Wintels, Sie haben innerhalb der KfW auch eine Trans- formation angestoßen. Was passiert momentan und wie profitieren davon die Kunden?
WINTELS Die KfW kann nur dann einen wirkungsvollen Beitrag leisten, wenn sie sich selbst transformiert, Impulse aus Nachhal- tigkeit und Digitalisierung aufnimmt und sich optimal aufstellt. Deshalb machen wir die KfW anpassungsfähiger und effizienter, das kommt auch unseren Kunden zugute. Die Lieferfähigkeit ge- genüber der Politik bzw. Bundesregierung sowie die Wettbewerbs- fähigkeit im Markt hat dabei höchste Priorität. Unseren Erfolg wollen wir künftig stärker an der Wirkung unserer Förderung und unserer Aktivitäten bemessen.
Herr Habeck, ein Blick in die Zukunft: Welche Vorteile erwar- ten uns in der Welt, die Sie anstreben?
HABECK Entscheidend wird es sein, den Wohlstand und die Freiheit unseres Landes zu sichern und mit dem Schutz der planetaren Grenzen in Einklang zu bringen. Natürlich wird es dabei Verände- rungen geben: Windkraftanlagen, eine andere Form von Mobilität, der Umbau der Industrie. Ich bin jedoch überzeugt, dass darin große Chancen sowohl für unser Land als auch für die Gesellschaft liegen. Wenn wir jetzt die richtigen Entscheidungen fällen, dann werden neue industrielle Zweige und Arbeitsplätze entstehen. Wir können eine ganz neue Dynamik auslösen.
Herr Habeck, Herr Wintels, wir bedanken uns für das Gespräch.
9

















































































   7   8   9   10   11