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Bedeutungen und Funktionen der Modalverben unterscheiden sich in den verschiedenen Sprachen zum Teil oder verschieben sich leicht. Wir entschieden uns für die deutschen Modalverben müssen, sollen, dürfen, können, wollen und möchten als Basis und definierten deren Wirkungsweisen genauer. Bei dieser Bestimmung und insbesondere bei der Übertragung der Modalverben in die anderen Sprachen stand nicht die linguistische Korrektheit im Vordergrund, sondern die hinter den Worten liegenden Mechanismen und Funktionsweisen. Jasna beschäftigte sich auf einer sehr philosophischen Ebene mit den Verben und verknüpfte sie dann mit konkreten Handlungen. Für möchten diskutierten wir z. B. Deleuze. Inspiriert von seinem „Abécédaire“ bestimmten wir etwas möchten dann als wünschen und begehren, das sich nicht auf ein einzelnes Objekt richtet, sondern auf den Kontext, das Ensemble, in dem sich dieses Objekt befindet. Für die Umsetzung entschied sich Jasna in diesem Teil mit der Materialität von Stoff zu arbeiten und mit dem Prozess des Ver- und Enthüllens.
Angelehnt an die methodische Strenge, mit der sich die Grammatik umgibt, teilte Jasna die Choreographie in Kapitel ein: Gerahmt von einem Prolog und einem Epilog nimmt sie in der Rolle einer strengen Lehrerin die Modalverben in der 1. Person Singular der Reihe nach durch. Dieser formale und klare Aufbau gibt den Rahmen für das Spiel mit der Sprache selbst und deren Verhältnis zu Körper und Bewegung. Auch ein Großteils des Humors der Performance ergibt sich durch die Reibung und Auseinandersetzung mit dieser behaupteten Strenge.
Auch wenn das Thema von „Modal Verbs“ die Sprache ist, liegt der Schwerpunkt des Bühnengeschehens nicht auf gesprochenem Text, sondern auf einer Verbildlichung dessen, was Sprache macht. Die drei Sprachen Deutsch, Englisch und Kroatisch haben eine weitgehend gleichberechtigte Rolle.
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