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Alle Zuschauenden sollten der Performance inhaltlich folgen können, wenn sie zumindest einer der Sprachen mächtig sind. Nicht jede Theaterform bzw. jedes Genre ist gleich gut für eine gleichberechtigte Verwendung mehrerer Sprachen geeignet – wenn nicht mit Übertiteln oder ähnlichem gearbeitet werden soll. Bei „Modal Verbs“ werden das Gesagte bzw. die Sprachen selbst Gegenstand der Untersuchung, weil es ja eben um die Bedeutung und Funktion der Modalverben geht. Dabei zeigen sich verschiedene Konnotationen der Modalverben in den unterschiedlichen Sprachen und die unterschiedlichen Klänge und Sprachmelodien treten deutlich zutage.
Am Beispiel des Verbes wollen scheint auf humorvoller Ebene auch das Thema der Übersetzung bzw. Nichtübersetzbarkeit als solches auf. „Ich will“ lässt sich eben nicht direkt mit „I will“ übersetzen – wir entschieden uns aber nach langer Diskussion dazu, es so zu setzen. Dadurch öffnet sich eine weitere Bedeutungsebene des Wortes und es klingt auch die Umsetzung dessen mit an, das gewollt wird: „Ich will das tun und ich werde das auch tun“. Schwerpunkt der Arbeit sind aber eben keine grammatikalischen Spitzfindigkeiten, wie zum Beispiel auch die Fragen, welche Wörter überhaupt zu den Modalverben gehören und welche nicht, was sich in den verschiedenen Sprachen auch unterscheidet. Es geht um die Modalitäten als solche und deren Vermittlung in verschiedene Sprachen.
Insgesamt lebt der Abend von dem, was auf der Bühne geschieht, also von der körperlichen Umsetzung der Implikationen der Modalverben. Der Text benennt hauptsächlich das Verb, worauf sich der jeweilige Teil bezieht. Im Teil zu sollen findet sich ein Beispiel für einen Umgang mit den drei Sprachen, das allen ein Verständnis des Geschehens vermittelt, ohne alles in allen Sprachen zu wiederholen. Sollen, also die Pflichterfüllung von verinnerlichten Gesetzen oder Zielen, findet sich in dieser Szene als eine Form der Selbstertüchtigung. Jasna führt in ihrer Rolle als Lehrerin Gymnastikübungen durch und spricht dazu
Zungenbrecher als Sprachübungen. Da Zungenbrecher per se kaum übersetzbar sind, wählten wir verschiedene in den drei Sprachen aus. Das Prinzip, um das es geht, ist so für jeden schnell klar, auch wenn nicht alle alles zwangsläufig verstehen. Der Frust, etwas nicht zu verstehen, weicht der Lust, sich an den unterschiedlichen Sprachklängen zu erfreuen.
Durch die Mehrsprachigkeit der Performance scheint auf, dass die Modalitäten unserer Sprache nicht zwangsläufig so sein müssen, wie sie sind. Diese Erkenntnis sowie überhaupt ein Bewusstsein für die Wirkungsweisen der Modalverben ermöglichen einen neuen Blick auf die eigene Sprache.
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" Modal verbs are modes of
being through
Being lives itself "
G. Agamben
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