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treten heute ganz neue und durchaus bri- sante Herausforderungen zu Tage. Zu die- sen Konfliktpotenzialen zähle ich die Proli- feration von Waffen in Krisengebiete, wie wir es im Mittelmeer beobachten (Ope- rationen Irini und UNIFIL), die zunehmen- den Auseinandersetzungen um Ressour- cen und Rohstoffe, beispielhaft manifes- tiert in den Spannungen zwischen der Tür- kei und Griechenland, und schließlich der Bedeutungszuwachs der hohen See als Fluchtroute wie in der Ägäis und ande- ren Teilen des Mittelmeers.
Zudem bleibt abzuwarten, wie sich die Covid-19-Pandemie auf die glo- bale Sicherheitspolitik auswirkt, denn die in der Krise ergriffenen staatlichen Gegenmaßnahmen haben nicht nur eine gesellschaftliche Dimension – sie wirken sich auch einschneidend auf die Volks- wirtschaften der Welt und damit pers- pektivisch auch einschränkend auf den Fähigkeitserhalt und -aufbau von Streit- kräften aus. Die kommenden Jahre wer- den die Antwort auf die Frage geben, inwieweit dies die Entwicklung der geo- politischen Machtverhältnisse beeinflus- sen wird und mit welchen Folgen.
Um diesen Herausforderungen erfolg- reich begegnen zu können, benötigt die Deutsche Marine die erforderlichen Fähigkeiten. Die materielle und perso- nelle Ausstattung zur Abbildung die- ser Fähigkeiten wird in den kommen- den Jahren stetig modernisiert, ange- passt und erweitert, wobei es nicht um eine Fortschreibung der Marine von heute geht, sondern vielmehr um die Modellierung einer Marine, die auch für neue Szenarien Lösungen mit dem Ziel anbietet, an Land und in der Luft, auf und unter Wasser sowie im Cyber- raum bestehen zu können. Benötigt
werden unter anderem eine optimierte Führungsfähigkeit, die schnelle Reak- tionsfähigkeit und sicheren Lagebild- austausch ermöglicht sowie die Inte- gration neuer technischer Systeme wie beispielsweise Drohnen, um auch in künftigen Krisen- und Konfliktsituati- onen bestehen zu können. Den Mög- lichkeiten und Bedrohungen im Cyber- raum muss ebenso Rechnung getragen werden wie der fortschreitenden Ent- wicklung in ande-
Generell haben wir im Hinblick auf eine Verbesserung der materiellen Ausstat- tung der Marine im Jahr 2020 sichtbare Fortschritte gemacht. Die Beschaffung neuer und gleichzeitige Modernisie- rung bereits bestehender Einheiten ist zwingend erforderlich, denn nach wie vor bewältigt die Deutsche Marine das bisher umfangreichste Aufgabenpaket ihrer Geschichte mit der gleichzeitig kleinsten Flotte.
Die Korvette Braunschweig diente im Herbst 2020 in der Ostsee als Erprobungsträger für die Drohne Sea Falcon
ren Bereichen.
Insbesondere der
Operationsraum
unterhalb der Mee-
resoberfläche hat
sich in den letzten
Jahren immer stär-
ker verändert und
hinsichtlich der
Möglichkeiten und
Risiken an Bedeu-
tung gewonnen.
Neben der zuneh-
menden Errichtung
von z.T. weitge-
hend ungeschütz-
ter kritischer In-
frastruktur in Form
von Daten- und
Energieleitungen
drohen auch mög-
liche Interessen-
konflikte um unterseeische Rohstoffe. Mit moderner Technologie erweitern sich die Einsatzoptionen unter Wasser, gerade im Hinblick auf die Möglichkei- ten zur Beeinflussung und/oder Gefähr- dung dieser Infrastruktur durch U-Boote oder unbemannte Systeme, aber auch zur Nutzung der Unterwassersphäre als Kommunikationsraum.
TÜRKEI
von der Türkei beanspruchtes Seegebiet
„Oruc Reis“ erkundetes Seegebiet
Umstrittenes Mittelmeer
GRIECHENLAND
Grenzen der Ausschließlichen Wirtschaftszonen (AWZ)
laut UN-Seerechtsüberein- kommen 1982*
Mittelmeer ZYPERN Durch das türk. Forschungsschiff
*Abkommen UNCLOS III nicht von der Türkei anerkannt
Quellen: dpa; globalsecurity.org; Türk. Amt für Seefahrt, Hydro- und Ozeanographie; Flanders Marine Institute
Die Karte bietet einen Überblick über die Krisenregion im östlichen Mittelmeer
Deutsche Marine
Foto: Stephen Gergs
101351
Grafik: picture alliance/dpa/dpa Grafik/dpa-infografik GmbH
Im zurückliegenden Sommer konnte mit der Fregatte NordrheiN-Westfa- leN die zweite Einheit der Klasse 125 in Dienst gestellt werden. Darüber hinaus wurde der Flugbetrieb mit dem neuen Hubschrauber NH-90 NTH Sea Lion am Marinefliegerstützpunkt in Nordholz auf- genommen. Mit der Korvette Karlsruhe befindet sich bereits das dritte Boot der
Leinen los! 1-2/2021 7
200 km