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MARITIME SICHERHEITSPOLITIK
Die Deutsche Marine
in der Arktisrichtlinie 2024
Anne Runhaar*
Die Verschärfung der sicherheitspolitischen Lage in Europa hat sich längst bis in die Arktis bemerkbar gemacht und erfordert eine umfassende strategische Neuausrichtung. Nicht
nur die operative Konfrontation mit der russischen Nordmeer- flotte, sondern vor allem auch das Engagement Chinas und die chinesisch-russischen Kooperationsbestrebungen im hohen Nor- den stellen die NATO vor ein zunehmendes Problem.
Die neue Arktisrichtlinie der Bundesregierung vom September 2024 unterstreicht Deutschlands Absicht, genau diese Neuori- entierung zu fördern. Dabei verknüpft sie die Ansätze der Ark- tisrichtlinie von 2019 und der Nationalen Sicherheitsstrategie von 2023 in Hinblick auf Sicherheitsfragen und Umweltaspekte. Hierbei stehen insbesondere der Schutz der territorialen Inte- grität der Alliierten, die Sicherung Kritischer Infrastrukturen sowie die Stärkung von Wehrhaftigkeit und Resilienz im Vorder- grund. Die Einsatzbereitschaft in dieser Region stellte Deutsch- land bereits durch die Planung und Durchführung der NATO- Übung „Arctic Defender” unter Beweis, bei der insgesamt 86 Flugzeuge und Helikopter unter anderem in Alaska übten. Ein weiteres Beispiel stellt die Übung „Nordic Response” dar, bei der Deutschland zusammen mit 13 anderen Alliierten mit über 1000 Soldaten im hohen Norden trainierte. Trotz dieser Indikatoren einer aktiven Rolle Deutschlands an der Nord- flanke fällt auf, dass kaum Einheiten der Deutschen Marine beteiligt waren.
Operationen in arktischen Gewässern stellen besondere schiff- bauliche und navigatorische Anforderungen an Material und Besatzungen. Während militärische Schiffe zwar nicht dem Polar Code der Internationalen Maritimen Organisation (IMO) unterliegen, zeigt dieser auf, was für eine sichere Fahrt in Eisge- wässern notwendig ist. Dazu zählen unter anderem verstärkte Schiffsrümpfe und isolierte Systeme sowie verschiedene Sicher- heitsmaßnahmen und Überlebensausrüstungen. Schiffe wie die Fregatte FGS mEcklEnBuRg-vORPOmmERn haben im Rahmen der Standing NATO Maritime Group 1 ihre Fähigkeiten in kälteren Gewässern zwar unter Beweis gestellt. Eine Eisklassenzertifizie- rung wird es allerdings erst mit der kommenden niEdERsachsEn- Klasse (Fregatte 126) geben. Für die Deutsche Marine bedeuten die zusätzlichen technischen Anforderungen vor allem eine wei- tere Aufteilung von ohnehin begrenzten Ressourcen. Zusätzlich erschweren auch extreme Wetterbedingungen und unerwartete Navigationshindernisse die Einsätze. Diese Hin- dernisse resultieren unter anderem aus der lückenhaften Erfas- sung der Strömungen im Arktischen Ozean und den variieren- den Eisdicken abhängig von der Jahreszeit. Vor allem letzte- res ist ein entscheidender Faktor für Schiffe mit begrenzter Eis-
klasse. Hinzu kommen Kommunikationsprobleme in der Region. Geostationäre Satelliten liegen in diesen Breiten oft so tief oder sogar unter dem Horizont, dass eine stabile Verbindung nicht durchgehend gesichert ist, auch wenn diese Lücke durch die Aktion Arctic Satellite Broadband Mission, Space Norway und U.S. Space Force, geschlossen werden soll. In Küstennähe kön- nen zudem die extremen Wetterbedingungen die Kurzwellen- und VHF-Kommunikation stark beeinträchtigen.
Die zunehmenden Aktivitäten der russischen Nordmeerflotte und die verstärkte chinesisch-russische Kooperation sind Indika- toren einer steigenden strategischen Relevanz der Arktis. Wenn Deutschland seine Interessen in der Region absichern möchte, muss besonders im Hinblick auf die sich öffnenden Seewege als auch die Absicherung der Kritischen Infrastrukturen die Präsenz der Deutschen Marine erhöht werden. Die Arktische Richtlinie 2024 formuliert die klare Interessenlage von Deutschland, nun müssen Maßnahmen wie verstärkte Operationen und ein ange- passter Beschaffungsprozess folgen. 7
* Anne Runhaar ist wissenschaftliche Hilfskraft am ISPK und stu- diert im Masterstudiengang Internationale Politik und Interna- tionales Recht. Darüber hinaus engagiert sie sich bei der Orga- nisation German Student Young Pugwash (GSYP), welche sie als Sprecherin auf einem Side-Event der Münchner Sicherheits- konferenz 2024 vertrat.
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