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Andreas von Klewitz
In Schwedens Geschichtsschreibung haben sie längst ihren verdienten Platz: Drei Frauen, die sich während des
Schwedisch-Russischen Krieges 1788– 1790 durch Entschlusskraft und Tapfer- keit auszeichneten. Zwei von ihnen nah- men an der kriegsentscheidenden zwei- ten Schärenschlacht am 9./10. Juli 1790 am Svensksund im Finnischen Meerbu- sen teil, die für Russland mit einer schwe- ren Niederlage und dem Verlust eines Drittels seiner Flotte endete, für Schwe- den hingegen der größte Erfolg in der Geschichte seiner Marine sein sollte. Die dritte Frau bewies großen Mut beim Aus- bruch der schwedischen Schärenflotte aus der Bucht von Wyborg am 3. Juli 1790, als sie sich weigerte, von ihrem leck geschossenen Schiff evakuiert zu wer- den und es unter feindlichem Beschuss allein an die rettende Küste steuerte. Dass König Gustaf III. die Heldinnen für ihren Einsatz mit der Tapferkeitsmedaille und in einem Fall sogar mit einem Kapi- tänspatent auszeichnete, war nicht nur eine Sensation in der damaligen Zeit, sondern auch eine Würdigung weib- licher Courage in einer ansonsten von Männern beherrschten Domäne
Dorothea Maria Lösch
Ihr 1765 von Isak Wacklin gemaltes Por- trät, vor einiger Zeit vom Sjöhistoriska Museet Stockholm im Rahmen einer Präsentation über schwedische Frauen in der Seefahrt vorgestellt, zeigt eine selbstbewusste junge Frau in Männer- kleidung und Hermelinpelz. Die Dar- stellung ist nicht verwunderlich, hatte die Abgebildete im selben Jahr eine medizinische Abhandlung über die Pocken veröffentlicht. Über Dorothea Maria Löschs Herkunft und ihren Wer- degang ist ansonsten nicht viel bekannt. Nach einer Darstellung des 19. Jahrhun- derts könnte sie von dem 1655 in Wes- tervik geborenen Handelsschiffska- pitän Hartvig Losch abstammen, der
als erster Schiffsführer Schwedens mit dem Dreidecker stOckhOLm das Mittel- meer befuhr und von König Carl XI. mit 100 Dukaten und dem Kapitänsrang belohnt wurde. Möglicherweise gehört auch der Seeheld Carl Gustaf Löschern zu ihrer Verwandtschaft, der zweimal die Russen auf dem Peipussee besiegte und am 14. Mai 1704 auf der Flucht sich selbst, seine Mannschaft und eine große Anzahl Feinde in die Luft sprengte.
Dorothea blieb ein solches Ende glückli- cherweise erspart. 1730 geboren, heira- tete sie 1756 den Korvettenkapitän Mår-
ten Johan Theslef (Theslöf). In der zwei- ten Schärenschlacht am Svensksund im Juli 1790 zeichnete sie sich dadurch aus, dass sie das Kommando über das Schiff armida übernahm, nachdem alle Offi- ziere gefallen, verwundet oder abbe- rufen worden waren. Für ihre Courage erhielt sie von König Gustav III. das Patent eines Kapitäns der schwedischen Flotte verliehen. Die Urkunde soll noch im 19. Jahrhundert existiert haben, heute ist sie nicht mehr auffindbar. Fest steht hingegen, dass Dorothea Maria Lösch mit ihrem Mann elf Kinder hatte und den überwiegenden Teil ihres Lebens in Finn- land verbrachte. Hier wurde nach ihrem Tod auch ihr Porträt gefunden. Angeb- lich hatte es ein reisender Antiquar in der Provinz aufgetan und nach Helsing- fors gebracht, wo es 1865 erstmals in der Buchhandlung Wasenii & Co. aus- gestellt wurde. Dorothea Maria Lösch starb 69-jährig im Serafimer-Kranken- haus in Stockholm.
Brita Christina Nilsdotter Hagberg
Auch Brita Christina Hagberg nahm an der Schlacht von Svensksund teil, aller- dings als Mann verkleidet. 1756 vermut- lich in Finnerödja geboren, zog sie 1777
Geschichte
Tapfer, couragiert, selbstbewusst
Drei außergewöhnliche Frauen dienten einst in der schwedischen Marine
Leinen los! 5/2023 35