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Historisches Kalenderblatt 5/2023
Zu den größten Beschaffungsvorha- übungen und das „Post Commissioning steuerten Zieldarstellungsgerät getrof-
ben der 1960er-Jahre gehörten in der Bundesmarine die drei Flugkörper-Zer- störer der Lütjens-Klasse. Sie waren leicht modifizierte Nachbauten der amerikani- schen charLes F. adams-Klasse und ent- standen in den USA bei der Werft Bath Iron Works in Bath/Maine. Benannt nach hoch- dekorierten Soldaten des Zweiten Welt- kriegs setzten diese ersten Flugkörper- und Systemschiffe der Bundesmarine als Lütjens (22. März 1969), möLders (20. Sep- tember 1969) und rOmmeL (2. Mai 1970) Flagge und Wimpel. Die Kiellegung der möLders war am 12.04.1966, am 13.04.1968 folgte der Stapellauf.
Nach ihrer Indienststellung absolvierte die möLders zunächst Probefahrten, Schieß-
Training“ in amerikanischen und karibi- schen Gewässern. Am 29. Juni 1970 lief der Zerstörer erstmalig in Kiel ein. Mit den bei- den Schwesterschiffen bildete möLders das dort neu aufgestellte 1. Zerstörergeschwa- der. Die hochmodernen und kampfkräfti- gen Schiffe stellten im Hinblick auf ihre elek- tronische, fernmeldetechnische und waf- fentechnische Ausstattung höchste Anfor- derungen an die Besatzungen. Die Bundes- marine betrat mit ihnen in vielerlei Hinsicht absolutes Neuland. Im Marinejargon wur- den sie wegen ihrer in allen Belangen vor- handenen absoluten Priorität auch recht bald als „Heilige Kühe“ bezeichnet. Erstmals verfügte die Bundesmarine mit ihnen über Kampfschiffe, die einen Ver-
gleich mit modernen Einheiten anderer NATO- Partner nicht scheuen mussten. Über 30 Jahre bildeten die mehrfach durch Nach- und Umrüs- tungen im Kampfwert gesteigerten Einheiten das Rückgrat der deut- schen Flotte. Die Schiffe nahmen an zahlreichen nationalen, internationalen und NATO-Manövern teil. Im März 1977 wurde bei einem Flugkörperschie- ßen der Zerstörer möL- ders von einem fernge-
fen. Der dabei ausgebrochene Brand konnte jedoch schnell gelöscht werden. Schlimmer endete jedoch im Dezember 1987 eine weitere schwere Brandhava- rie. Das Schiff war auf der Heimreise und stand am Eingang des Englischen Kanals, als in der Kombüse durch eine überhitzte Fritteuse der Brand ausbrach. Die angrenzende Cafeteria wurde zum Totalschaden. Zudem wurden die über der Kombüse liegenden Räumlichkeiten stark in Mitleidenschaft gezogen. Kabel- brände legten die elektronischen Sys- teme lahm, sodass das Schiff manövrier- unfähig wurde. Mit Unterstützung der im Verband mitfahrenden Fregatte nieder- sachsen konnte das Feuer nach mehreren Stunden unter Kontrolle gebracht und gelöscht werden. Der Schaden belief sich auf 83 Mio. DM.
Am 28. Mai 2003 holte die möLders nach der rOmmeL als zweites Schiff der Lütjens- Klasse Flagge und Wimpel nieder. In sei- nem Schiffsleben hatte der Zerstörer ins- gesamt 675 000 sm zurückgelegt. Noch im gleichen Jahr folgte die Lütjens. Damit endete in der Deutschen Marine auch die Ära der dampfgetriebenen Schiffe. Wäh- rend Lütjens und rOmmeL den Weg der Verwertung gingen, blieb die möLders als Deutschlands größtes Museumskriegs- schiff der Nachwelt erhalten. Sie kann im Deutschen Marinemuseum in Wilhelms- haven besichtigt werden. 7
Flugkörper-Zerstörer der lütJens-Klasse
Schiffsnamen Lütjens, möLders, rOmmeL
Typbezeichnung Klasse 103, Klasse 103A (*), Klasse 103B (*)
Verdrängung 4717 t
Länge × Breite × Tiefgang 134,48 × 14,38 × 4,79 m
Besatzungsstärke 337
Antrieb 2 × Dampfturbine
Antriebsleistung 2 × 35 500 PS
Wellen/Ruder 2/2
Geschwindigkeit 36 kn
Fahrstrecke 4500 sm bei 20 kn
Flugkörper
1 × Starter für Schiff-Luft-Flug- körper tartar, Schiff-Luft- Flugkörper SM 1 (*), Schiff- Schiff-Flugkörper
HARPOON (*), 2 × Schiff-Luft- Flugkörpersystem RAM (*)
Rohrwaffen 2 × 127-mm-Turm,
2 × 20-mm-Geschütz (*)
Torpedorohre 6 × 324 mm
U-Jagdwaffen 8 × ASROC
Radar See- und Luftraumüber- wachungsradar, Feuerleit-
radar, Navigationsradar
Sonar Rumpfsonar
Elektronik Datenverarbeitungsanlage SATIR, Navigations- und
Fernmeldeanlagen
Anmerkung (*) nach späteren Umbauten
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Ein echter Hingucker: die mölders als Museumsschiff im Deutschen Marinemuseum in Wilhelmshaven
Foto: hkr


































































































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