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Mensch.Schifffahrt.Meer.
Piraterie-Hotspot vor Westafrika
Dieter Stockfisch
Nach den Erkenntnissen der Inter- nationalen Schifffahrtsorganisati- on IMB (International Maritime Bureau)
zeigt die Gesamtzahl der weltweit ge- meldeten Piraterie-Angriffe Jahr für Jahr eine rückläufige Tendenz. So wur- den 2019 weltweit 193 Vorfälle registriert, 2010 waren es noch 445. Die Piraterie am Horn von Afrika vor Somalia – jahrelang ein Brennpunkt weltweiter Piraterie – ist vor allem durch die kontinuierlichen An- ti-Piraterie-Einsätze internationaler und regionaler Seestreitkräfte sowie privater bewaffneter Sicherheitsdienste nahezu völlig eingedämmt worden. Besonders die dort operierende EU-geführte An- ti-Piraterie-Mission Atalanta, an der un- sere Marine seit 2008 durchgehend mit Schiffen und Seefernaufklärern maßgeb- lich beteiligt ist, hat entscheidend das Pi- raterieunwesen am Horn von Afrika zum Erliegen gebracht. Dennoch ist dort mit sporadischen Angriffsversuchen wei- terhin zu rechnen. Noch 2019 ist es zu einem Piraterieangriff gekommen, der aber von einem deutschen Seefernauf- klärer P-3C OriOn beim Überwachungs- flug entdeckt wurde. Per Funk hatte die P-3C OriOn dann die spanische Fregat- te navarra des Atalanta-Verbandes zur Zielposition führen können, um die Pira- ten festzunehmen.
Golf von Guinea
Dagegen ist heute Westafrika mit dem Golf von Guinea zum Hotspot der Pira- terie geworden. Dort gelten vornehm- lich nigerianische Piratenbanden als aku- te Bedrohung der internationalen Schiff- fahrt. Der Londoner Schiffsversicherer Lloyd’s hat den Golf von Guinea bereits 2011 zu einem Hochrisikogebiet erklärt. Schiffe mit Kurs auf den Golf von Guinea müssen das ihrer Versicherung melden, entsprechende Schutzmaßnahmen er- greifen und zusätzliche Prämien zahlen.
2019 registrierte das Piraterie-Präventi- onszentrum der Bundespolizei in Zusam- menarbeit mit dem IMB über 96 Pirate- rieangriffe im Golf von Guinea. Im ersten Quartal 2020 waren es bereits 24 Vorfäl- le. Die dortigen Piratenbanden gelten als besonders kampferprobt und gewalttä- tig. Menschenleben wird nicht geschont. Wer Widerstand leistet, wird erschossen. Bei allen Überfällen kamen Waffen zum Einsatz. Selbst durch Warnschüsse der privaten Sicherheitskräfte an Bord von Schiffen lassen sich die Piraten nicht ab- schrecken. Gegen somalische Piraten
Konzentration der Piraterie im Golf von Guinea
Anti-Piraterie-Verband Atalanta vor Somalia
16 Leinen los! 10/2020
Foto: EU-NAVFOR
Grafik: IMO


































































































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