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Deutsche Marine
Regierungsvertretern, Werftleuten und der Marineführung zusammenkam und es um das Projekt „Mehrzweckkampf- schiff/MKS 180“ ging (heute: F 126): Ab wann kann man es finanzieren? Wie soll der Auftrag vergeben werden? Und nebenbei: Wozu braucht man es eigent- lich, was soll es können, was kann man weglassen? Nach längerem Hin und Her wurde der Marineinspekteur gebeten, doch einmal zu spezifizieren, was er nun wirklich benötige. Seine Antwort klang wie ein Stoßseufzer: „Ein Kriegsschiff!“ Die Zeiten, da Piratenjagd, Embargo- kontrolle und Flüchtlingsrettung die Daseinsberechtigung der Deutschen Marine zu begründen schienen (Lösung: F 125), sind spätestens seit der Zeiten- wende 2022 vorbei. Russland schießt scharf und bedroht die maritimen Lebensadern des freien Westens. Konzeptionell ist Deutschlands Marine inzwischen absolut auf der Höhe der Zeit. Sie führt die NATO-Ostseeverteidigung und vervielfacht ihre Durchschlagskraft im atlantischen Operationsraum – wenn die bestellten Plattformen denn planmäßig zulaufen und die neuen Waffen und Sen- soren ordnungsgemäß funktionieren. Dass der heutige Inspekteur Vizeadmiral Jan C. Kaack durch ein Sofortprogramm noch einmal die Einsatzbereitschaft des jetzt schon oder sehr bald verfügbaren Mate-
rials steigert, schließt die Lücke zwischen der eindrucksvollen Marine 2035 und dem gegenwärtigen System der Aushilfen. Da nach den Entscheidungen der Regie- rung Merz/Klingbeil die Finanzierung des Notwendigen nun nicht mehr der limitierende Faktor ist, rücken dafür die knappen industriellen Kapazitäten und insbesondere der prekäre Aufwuchs des militärischen Personals ins Zen- trum. Wahrscheinlich ist die 15 000 Köpfe starke Marine deutlich zu klein. Wer soll all die neuen Systeme besetzen und bedienen? Schon heute müssten Auf- bau und Ausbildung der Besatzungen der Zukunftsflotte beginnen.
Aber auch das Ausbildungssystem selbst wäre zu reformieren. Die Schulappa- rate sind nach wie vor zu opulent und zu Uniformträger-lastig. Es ginge zum Bei- spiel auch mit ausgeschiedenen Zeitsol- daten in Zivil als Fachlehrer. Und nicht wenige Lehrgänge dauern zu lange. Das ist ein bundeswehrgemeinsames Prob- lem. Wenn allzu viele erst nach drei Jahren wirklich als Soldat in militärischer Funktion verwendet werden können, stimmt etwas nicht. Es gibt eine Art Verwahrlosungsten- denz aus der langen Friedensdividende- Epoche, als die Verpflichtungszeiten der SaZ immer länger, die Wehrpflichtigen immer weniger und die Berufssoldaten immer mehr wurden.
Dass man für gegenwärtig 6 U-Boote keine 6 Besatzungen (je 27 Männer und Frauen) zusammenbekommt, liegt ganz bestimmt nicht an der Demografie unse- rer 84-Millionen-Einwohner-Nation, son- dern sehr sicher an selbstgemachten Restriktionen im Einplanungswesen. Sinnvoll ist in jedem Fall der Trend zur Personalsparsamkeit neuer Waffensys- teme durch Automatisierung, KI und Drohnentechnik. Aber die Marine muss auch wachsen. Dabei sollte die geplante Zuteilung von perspektivisch über 4000 Rekruten des neuen Wehrdienstes nicht allein in Aufbau und Stärkung der Mari- nesicherungskräfte gehen. Personalauf- wuchs bedeutet zudem selbstverständ- lich neue Kasernen und Standorte. Im Gespräch sind derzeit u.a. Kiel-Holte- nau, Cuxhaven und Puttgarden.
Auch zur Struktur gibt es neue Überlegun- gen. Die Führungsspanne der beiden bis- her räumlich definierten Flottillen dürfte alsbald zu weit werden, was dann ein drit- tes Kommando rechtfertigen könnte. Auf der Overhead-Ebene sollte es dagegen bei der außerordentlich schlanken zentra- len Führung aus dem Marinekommando bleiben. Zusätzliche Härtung, Schutz und Beweglichkeit wären hier allerdings wün- schenswert – wie für die übrigen Marine- stützpunkte. Denn die Bedrohung ist nah und ernst. 7
Im Rahmen eines Maritime Mine Counter Measures-Programms hat Thales ein autonomes Überwasserwasser-Drohnen- system an Frankreich ausgeliefert
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Foto: Thales


































































































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