Page 21 - Leinen los! 11/2025
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Deutsche Marine
verändernden Meeren geeignet und kann die Häufigkeit der Instandsetzung sogar reduziert werden? Sind die Aufklärungs- technik und Sensorik, deren Relevanz die Marine immer wieder betont, auch für sich verändernde Wassertemperaturen geeig- net? Bezieht die Marine das in ihre Planun- gen mit ein, wird sie sowohl technologisch voraus sein als auch die Abhängigkeit von Importen reduzieren.
Im Bereich der Infrastruktur betont die Marine, wie relevant der „Schutz der Ein- heiten in den Heimatstützpunkten und deren Zugänge sowie der Werften, Muni- tionsdepots und Arsenale“ ist. Dabei nur den Schutz vor feindlichen menschlichen Aktivitäten im Blick zu haben, ist zu kurz gedacht. Sich verändernde klimatische Bedingungen, steigende Meeresspie- gel und zunehmende Sturmfluten wer- den sich zunehmend auf die maritime Infrastruktur, aber auch auf die Logistik an Land sowie die Versorgung der Stütz- punkte mit Energie auswirken. Bei Infra- strukturmaßnahmen sollte dies mitbe- dacht werden: Sind unsere Stützpunkte vor zunehmenden Sturmfluten und stei- gendem Meeresspiegel geschützt? Wie kann der Zugang über Land sicherge- stellt werden, auch wenn Uferstraßen überschwemmt sind? Wie kann Strom- und Wärmeerzeugung durch erneuer- bare Energien flächendeckend umge- setzt werden, damit die Stützpunkte
und Liegenschaften mit Energie versorgt werden können, auch wenn in Folge von Extremwettereignissen der Anschluss an das zivile Netz gestört ist oder eine Liefe- rung von Brennstoffen nicht möglich ist? Auch das trägt zur Resilienz und damit zur Einsatzbereitschaft der Marine bei und dient damit dem Hauptanliegen des Kurs Marine.
Fazit
Die Devise „Fight tomorrow“ bedeutet nicht nur, sich auf die Bedrohung durch Russland vorzubereiten, sondern auch auf den Klimawandel, der den Kernauf- trag der Marine – Abschreckung und LVBV – zunehmend beeinflusst. Es liegt daher im eigenen Interesse der Marine, sowohl einen Beitrag zum Klimaschutz zu leis- ten, als auch, wenn alle Bemühungen, die Erderwärmung aufzuhalten scheitern, sich an sich verändernde klimatische Bedin- gungen und die damit verbundenen Ex- tremwettereignisse, anzupassen. Dies hat zum einen langfristig operative Vorteile: Unabhängigkeit von fossilen Brennstof- fen; Vorbereitet-Sein auf eine post-fos- sile Welt; Systeme, die unter extremen Bedingungen funktionieren; Infrastruk- tur, die geschützt ist. Zum anderen wird es sicherstellen, dass die Marine ihren Kernauftrag erfüllen kann. Die Auswir- kungen des Klimawandels abmildern,
ihn durch einen Beitrag zur CO2-Reduk- tion gar aufhalten, bedeutet, dass sich die Marine auf ihren Kernauftrag konzentrie- ren kann und nicht durch andere Aufträge gebunden sein wird. Klimaanpassung und Klimaschutz stehen nicht im Widerspruch zur Einsatzbereitschaft und den operati- ven Fähigkeiten in der Marine, im Gegen- teil: sie werden bereits in den nächsten zehn Jahren – dem Zeitrahmen des Kurs Marine – einen Vorteil bringen. Dafür muss die Marine den Mut aufbringen, sich dem Gegner Klimawandel zu stellen, der nicht greifbar ist, dessen militärische Stärke man nicht messen kann, mit dem man sich nicht vergleichen kann, um die eigene Stärke und die Art der Waffensys- teme festzulegen, kurzum: der nicht vor- hersehbar ist, der aber kommen wird und alles verändern wird, wenn wir nicht jetzt den Kampf aufnehmen, ihn antizipieren und in die Zukunftsplanung der Marine integrieren. Dabei gilt es, die Krise als Chance zu nutzen, Bewährtes zu behal- ten und Neues zu denken. 7
* Dr. Kerrin Langer ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Technischen Uni- versität Dortmund im Forschungspro- jekt „Greening Military? Zur Transfor- mation der Streitkräfte vor dem Hinter- grund von ‚Zeitenwende’ und Klima- krise“ (gefördert durch die Volkswagen Stiftung).
Monsterwelle trifft auf einen Anleger
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