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Gastgeber Heinz Maurus mit den Ehrengästen
Zu den großen Herausforderungen in Deutschland gehört für den Generalin- spekteur vor allem die weitere technische und personelle Stärkung der Streitkräfte. Er selbst spricht gerne von „Aufwuchs“. Das Ziel seien rund 260 000 aktive Sol- daten und Soldatinnen, ergänzt um eine Reserve von 200 000 Männern und Frauen. Die Reservisten sollen in Zukunft ein „inte- graler Bestandteil“ der Truppe als Ganzes sein, eine „Reserve, die flexibler einsetz- bar“ und nicht „nur stumpfer Personaler- satz“ sein solle. Die Planungen sehen bis- lang vor, das ambitionierte Personalziel bis 2039 zu erreichen. Ginge es nur nach Breuer, sollte das Ziel deutlich früher erfüllt sein. Doch gerade das Personalthema stellt eine große Aufgabe dar, die übrigens alle NATO-Partner zu lösen haben, so der GI. Deutschland strebe jedenfalls an, in weni- gen Jahren Europas stärkste Armee mit konventionellen Waffensystemen zu sein. Eine Ambition, die er trotz der vielen Her- ausforderungen für erreichbar hält.
Planungssicherheit
für Truppe und Industrie
Intensiv widmete sich Breuer auch dem komplexen Thema der Beschaffung von Waffensystemen und weiterer Ausrüstung für die verschiedenen Teilstreitkräfte. Dass deren Beschaffung künftig nicht mehr nur an ein enges Haushaltskorsett gebunden sei, sondern dass die Bundesregierung die sogenannte „Bereichsausnahme“ auf den Weg gebracht habe, die einen kontinuier- lichen Mittelzufluss sicherstellt, bewertete Breuer als herausragenden „Gamechanger, der sowohl der Truppe als auch der Indus- trie die nötige Planungssicherheit bringt“. Ein wichtiges Ausrüstungsbestandteil sind für den GI dabei zweifelsohne „Drohnen“. Zwischen den Zeilen war herauszuhören, dass sich Deutschland in den zurücklie- genden Jahren viel zu abstrakt mit dem Thema „Drohneneinsatz“ in Diskussio- nen beschäftigt habe. Was diese Technik inzwischen bedeutet, hat auch der Krieg in der Ukraine klar aufgezeigt. Immerhin: Deutschland holt jetzt im Eiltempo auf, was sich beispielsweise an der rasanten Entwicklung einer innovativen „Netzwer- fer-Drohne“ zeige, die sich in der Einfüh- rung befindet, so der General. 7
Gruppenbild zum Abschluss (v.l.): Flottil- lenadmiral Richard Kesten, Marinekom- mando, Ulf Jensen, Präsident MARINBO, Andreas Schwarz, General Carsten Breuer, Thomas Röwekamp, Heinz Maurus
schen Angriffskrieg auf die Ukraine. Jenes sicherheitspolitische Elementarereignis, das vor allem Europa und die NATO in Atem hält und immer neue Kraftanstren- gungen abverlangt.
Den inzwischen auch im internationa- len Sprachgebrauch genutzten Begriff „Zeitenwende“ mit konkretem Inhalt zu füllen, ist und bleibt eine zentrale Auf- gabe für die Gegenwart, aber auch für die Zukunft. Fakt ist für Breuer, dass sich Deutschland, die EU und die NATO dar- auf mit Nachdruck vorbereiten müssen, dass Russland Ziele über die Ukraine hinaus verfolgt. Der General stellte fest: „Ich bin überzeugt davon, dass Putins Ziele über die Ukraine hinausgehen. Er hat diesen Krieg nicht begonnen für ein paar Quadratkilometer mehr in seinem ohnehin riesigen Reich. Er will eine neue Ordnung.“
Die zahlreichen Weltkonflikte ganzheitlich betrachten
Und auch das gehört zum großen Lage- bild: Nicht nur Europa steht unter Druck, weltweit existieren inzwischen zahlrei- che „Konfliktzonen“, weil entsprechende Expansionsambitionen auch in ande- ren Nationen bestehen. Es sei daher ein Gebot der Stunde, angesichts der zahl- reichen Konflikt- und Krisenzonen auf die- sem Globus in Deutschland und in Europa immer wieder „die Querverbindungen auf die andere Seite der Welt rüber zu zie- hen“. Heißt mit anderen Worten: Sicher- heitspolitik muss großräumig betrachtet und bewertet werden.
Ausführlich widmete sich General Breuer der Ertüchtigung der Bundeswehr hin zu einem personellen und ausrüstungstech- nischen Gesamtzustand, den Pistorius in den zurückliegenden Monaten wiederholt als „kriegstüchtig“ beschrieben hat. Was unter anderem bedeutet, dass die deut- schen Streitkräfte als integraler Bestand- teil des westlichen Verteidigungsbünd- nisses auf einen möglichen, von Russ- land ausgehenden bewaffneten Konflikt in Europa vorbereitet sein müssen. Als wich- tiges Datum wird in dem Zusammenhang immer wieder das Jahr 2029 genannt.
Reservisten spielen künftig eine größere Rolle
Auf dem Weg dahin werden die Bun- desrepublik und Europa bereits zahlrei- chen Tests ausgesetzt, die inzwischen als „hybride Angriffe“ umschrieben werden. Immer wiederkehrende Stichworte lau- ten in diesem Kontext Drohneneinsatz über Kritischer Infrastruktur, zerstörte Datenkabel auf dem Grund der Ostsee oder auch der Einsatz von „Wegwerf- agenten“, die etwa gezielte Ausspähauf- träge haben. Das alles sei ein „gezieltes Austesten“.
Die Aufgaben der Bundeswehr von heute und morgen: „Wir müssen bei- des können: Landes- und Bündnisver- teidigung sowie internationales Krisen- management, also LV/BV und IKM.“
General Carsten Breuer
Deutscher Marinebund
„Putin könnte seine Spezialoperation jederzeit beenden. Warum macht er das nicht?“
General Carsten Breuer
„Der neue Wehrdienst ist aus meiner Sicht kein Allheilmittel. (...) Aber er ist ein zusätzlicher Hebel. Er ist unser Ins- trument für eine starke Reserve, also für den schnellen Aufwuchs.“
General Carsten Breuer
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