Page 6 - Chronik der SPD Kaufungen
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Die Vereinsmitglieder haben  versucht  den  Turnbetrieb  während  der  Nazizeit  noch  aufrecht
        zu erhalten, soweit es  unter  den  politischen  Verhältnissen  und  durch  die  Einberufung zum
        Kriegsdienst möglich  war.   Die  Vereinsverflechtungen  sind  vermutlich  noch größer gewesen
        , denn Katharina Goßmann  (Ehefrau  von  Heinrich  Gaßmann) und  Wilhelm Binzel konnten
        sich in dem Gespräch am 6. Januar 2004 daran erinnern,  dass  es  auf der Vereinsfahne „Ar-

        beiterturn- und Gesangverein'' hieß. Nach ihrem Bericht gab es im Turnverein außerdem in
        den 1920-iger Jahren auch eine Theatersparte. Das ist aus den benachbarten Dörfern eben-
        falls bekannt (z.B. Heiligenrode). Im großen Saal mit Bühne der Gastwirtschaft Endlich (früher























        Leipziger Straße, Fachwerkhaus, heute abgebrochen), wurde zunächst von den älteren Tur-
        nern die Turnstunde besucht. Danach gingen sie auf den kleinen Saal im Gasthaus „nach oben
        " (lag im 1. Stock über der Gaststube), um noch an der Gesangsstunde teilzunehmen. Auch
        damals schon habe man auf den Eintritt jüngere Mitglieder überwiegend vergeblich gehofft
        wurde dem Autor berichtet.  Man kann aber sicher davon ausgehen, dass in dieser Zeit die
        Sozialdemokraten das Vereinsleben der Turner und Sänger stark geprägt haben. Die Menschen

        verstanden sich in den wirtschaftlich und politisch schweren Jahren [Weltwirtschaftskrise) als
        eine große Familie. Ein Zitat aus dem Volksblatt vom 20. Januar 1919 mag einer von vielen Be-
        legen für diese Notzeit sein:


        „Hausfrauen!  Spart  Kartoffeln!  Schützt  Euren  Haushalt  vor  Kartoffelmangel!  Verbraucht
        nicht mehr als 7 Pfund wöchentlich für jede Person."


        Ebenfalls aus dem Volksblatt vom 20. Januar 1919 ist in der Aufstellung „Wahlergebnisse aus

        dem Landkreis Kassel " zu entnehmen, dass bei der Wahl am 19. Januar in Niederkaufungen
        die Sozialdemokraten mit 510 die meisten Stimmen erhielten (Demokraten: 94, Deutschna-
        tionale Partei: 123, Deutsche Volkspartei: 5, Zentrum: 5. Soz. Stimmen 1912: 133). Die Wahl
        zur verfassungsgebenden deutschen Nationalversammlung am 19. Januar 1919 war die erste
        reichsweite Wohl nach der Novemberrevolution 1918.


        Doch in den  Ländern, so auch in Preußen, zu dem nach der Annektion 1866 auch die Provinz
        Kassel gehörte, fand schon eine Woche später wieder eine Wahl statt. Das bedeutete weiter-
        hin Wahlkampf. Dazu schreibt das Volksblatt am Sonnabend, den 25. Januar 1919:
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