Page 2 - Rede zur Verteidigung Heinrich Göbels
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eigentlichen Hintergrund dieses Ringens um das Patent nur ganz am Rande. Vielleicht hat sie den
Zusammenhang in seiner wahren Bedeutung gar nicht erkannt? Ein Hinweis wäre das kommentarlose
Zitieren des Artikels in "The Electrical World“, die schrieb: Obwohl das Patent eines der wichtigsten
ist, das es je gegeben hat, so ist damit nur wenig, wenn überhaupt etwas an Geld gemacht worden.
Diese Investitionsrechnung stellt einen falschen Blickwinkel dar, denn die Goebel-Defence war nur
eine Schlacht im Stromkrieg von 1886 - 1893. Diese Schlacht ermöglicht es Edisons Gegnern als Sieger
die Weltausstellung von Chikago von 1893 mit Wechselstrom als Schlüsseltechnik und 180.000
Glühlampen als Publikumsefekt zu beleuchten. Ein juristischer Sieg in dieser Schlacht war nach der
erfolgreichen Weltausstellung nicht mehr notwendig, beide Seiten ließen die Partie ofen.
Ja, dieser Sieg durch genügend langes Hinhalten wurde nachweislich mit betrügerischen Methoden
errungen und HG diente dabei als Schlüsselfgur und er hat sich darauf eingelassen. Was hat ihn
„mittlerweile zu alt und nicht mehr willens dazu“ veranlasst bei so einer Betrugsnummer mit viel
Einsatz - unterstützt von den Söhnen - mitzumachen? Hang zur Hochstapelei? Hang zu
Betrügereien? Nicht nachweisbar (s.o.). Das ganz große Geld? Die Familie scheint nicht plötzlich
reich geworden zu sein.
Dieser Stromkrieg und die Art, wie Edison ihn bis zum Einsatz der betrügerischen Mittel seiner
Gegner geführt hat, bietet uns Erklärungen für die Wahl eben dieser Mittel und ggf. auch warum sich
HG darauf einließ. Worum ging es also bei diesem Stromkrieg? Was hat Edisons Glühbirnenpatent
damit zu tun?
Mit Entdeckung des elektrodynamischen Prinzips wird Strom für die breite Nutzung interessant.
Nicht nur die Glühbirne als sichere Alternative zur Gasbeleuchtung läßt Edison vom großen Monopol
der Energielieferung träumen. Die Zahl seiner vielen Patente steht im Kontrast zum Vermögen
Edisons. Im Strom erkennt er die Chance zu großen Vermögen zu kommen und träumt von der
Elektrifzierung New Yorks. Seine technische Basis kann zu Anfang nur Gleichstrom sein. Der mit
einer Druckluftbremse für Eisenbahnen zu Reichtum gekommene Westinghouse erkennt auch die
Chance des Strommarkts und steigt etwas später ein. Gleichzeitig erkennt er die wesentlichen Vorteile
des neuen Wechselstroms und wählt diesen für seinen Markteintritt.
Die Aktien der Gaslieferanten fallen ins Bodenlose, aber durch das Erscheinen eines Wettbewerbers
sieht Edison seinen Traum vom Reichtum versprechenden Monopol platzen. Als erstes versucht er
durch politische Intrigen ihn aus dem Markt zu drängen. Auch setzt er sein Glühlampenpatent ein; so
sollen Glühlampen nur an Gleichstromnetzen laufen dürfen. Zusätzlich setzt Edison auf Rufmord:
Öfentlich werden erst Hunde und Katzen mit dem als gefährlich zu brandmarkenden,
hochtransformierten Wechselstrom getötet - teils sehr qualvoll - später auch große Tiere wie Pferde
(1903 stirbt die Elefantenkuh Topsy vor laufenden Kameras – siehe youtube). Westinghouse ist
entsetzt und bietet Friedensgespräche an, welche Edison aber ignoriert. Er nimmt viel lieber den
Auftrag zur Entwicklung des elektrischen Stuhls an, natürlich mit Wechselstrom. Die erste
Hinrichtung 1890 wird zum Desaster. Edisons Vorschlag: Diese Hinrichtungsart „to westinghouse“ zu
nennen, Westinghouse´s Kommentar zum grausamen Tode Kemmlers: „Das hätten sie mit einer Axt
besser machen können.“
Für 1892 steht die Weltausstellung in Chikago an, die aber erst 1893 eröfnen kann. Sie ist dem 400.
Jubiläum von Christopher Kolumbus Landung in Amerika gewidmet. Als ein Höhepunkt soll sie
großartig beleuchtet werden. Westinghouse kann Edison mit seinem Angebot deutlich unterbieten
und muss gestoppt werden. Auf Westinghouse´s Seite steht inzwischen auch das Genie Nikola Tesla,