Page 484 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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472 W. Weygandt.
Schwankungen dem Nullpunkt nähert. Da diese schwierigen Versuche
nur größere Abschnitte der Schlafzeit betreffen können, ist nicht zu
erwarten, dass die kleineren Schwankungen in ihnen zum Ausdruck
gelangen. So viel geht schon aus den dort mitgetheilten Zahlen
hervor, dass auch in der Zeit des Einschlafens die Vertiefung des
Schlafs nicht gleichmäßig, sondern anfangs langsam, dann schneller
vor sich geht. Oft genug lässt sich erfahren, dass wir nach dem
ersten Eintritt des Schlafes wieder für kurze Zeit erwachen und dass
dies Aufwachen ebenfalls graduell verschieden sein kann, bis zum
partiellen oder völligen Eintritt des Situationsbewusstseins u. s. w.
Nach dem kurzen UeberbHck über die somatischen Sensationen
zur Zeit des Wachbewusstseins und die präsomnischen Sensationen
müssen wir noch nach deren Verhältniss zu. den Bewusstseinsvorgängen
sogleich nach dem Eintritt des Schlafs fragen, die freilich oftmals auch
als hypnagogische Hallucinationen bezeichnet worden sind. Für sie
wäre der Ausdruck »Schlummerbilder« oder auch »Frühträume« der
geeignetste. Gewöhnlich werden sie von den Morgen- oder Spät-
träumen, die das Gros des in der Litteratur niedergelegten Traum-
materials lieferten, gar nicht besonders unterschieden. Selten nur
waren sie Gegenstand besonderer Untersuchungen.
Maury ließ sich einige Minuten nach dem Einschlafen wecken und
schrieb dann seine Beobachtungen nieder. Seine Ansicht, dass es nöthig
sei, von selten eines anderen Menschen den Eintritt des Selbstbewusst-
seins beim Erwachen constatiren zu lassen , erweckt Widerspruch ge-
;
rade den üebergang der Desorientirung zum Situationsbewusstsein, den
wir als den psychologisch schwerwiegendsten Unterschied zwischen Schlaf-
und Wachbewusstsein ansehen möchten, kann selbstverständlich nur
jeder an sich selbst beobachten. Alle körperlichen Zeichen des Schlafs
oder des "Wachens, Augenaufschlag, sonstige Muskelbewegungen, Ver-
änderung des Athemtypus, sind in jener Hinsicht durchaus trügerisch.
Das Verfahren Maury 's ist auch schon deswegen wenig empfehlens-
werth, weil der von außen gesetzte Wachreiz gewöhnlich so intensiv
ist, dass er die nachherige Reproduction der Vorstellungen stört.
Eine Reihe von Versuchen, die ich derart anstellte, dass ich beim
Einschlafen alle 60 Secunden ein schwaches Glockensignal ertönen
ließ, hatte kein ermuthigendes Ergebniss, denn mehrfach zeigte sich
auch hier eine Störung der Reproduction durch den peripheren Reiz,