Page 16 - Volksdorfer Zeitung Mai 2017
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Des Malers Sommer
In seinem Garten
harkt er die Wege
zwischen Apelles und Picasso Angsthasen kreuzen sein Gehege mit bedauernd angelegten Ohren Freunde rasten im Telefon Galeriewände lösen sich auf
Hinderlich dem Familiensinn
ist die Entscheidung
zwischen möglichen Nuancen Unvollendet ieht die Figuration vor dem Geschrei der Kinder
Kollegen halten die Fahnen in den Wind -
Geld oder Ruhm!
Sie können alle mehr
Er versucht einen alten Hut zu zerfetzen
und einige Bilder zu malen die ihm selbst gefallen Während seine Frau
den Kuckuck fürchtet hebt er das Kinn
und träumt
„Pygmalion & Galathea“,2012, Höhe 38 cm.
ler selber bereits an das „Forum für Nachlässe“ übergeben wor- den. Neben dem selbst Geschaf- fenen gibt es aber auch noch die erstaunliche Kunstsamm- lung „Gra k im Högerhaus Volksdorf“, die Heinz und Do- rothea Schrand zusammen er- warben, mit Kollegen tauschten oder von Antik- und Flohmärk- ten zusammenkauften. Ein gleichnamiges Hundert-Seiten- Buch, das die Kunstbesessenen 2014 herausgaben, belegt die Leidenschaft für die Kunst.
Leidenschaft für die Kunst schon im Kindesalter
Bei Heinz Schrand, Jahrgang 1926, zeigte sich diese bereits im Kindesalter. In seiner Schrift „Dreimal sieben“ (1992 in 100 Exemplaren erschienen) be- leuchtet er seine Kindheit auf der Veddel und die ersten 21 Jahre seines Lebens in poeti- schen Wortbildern. „Die Woh- nung war klein und die Wän- de zum elterlichen Zimmer wa- ren dünn. Schla ose sommerli- che Spätabende geben Kindern der Stille Gehör... Die Mythen stehen überall Pate, auch ohne papierene Zeichen. Die Ströme dringen durch Stahl, Polyester und Beton: eine Höhle ist eine Büchse, eine Dose, eine Appel- kist, und die Früchte unter ge- hobenem Deckel multiplizieren sich mit dem Zugriff. Einmal gekostet - und das Verhängnis ist angenommen.“
Schrands Talent zeigte sich früh beim Basteln von Kinder- spielzeug. Nach dem Gastkurs Bildnerisches Gestalten 1942, dem Abschluss der Modelltisch- lerlehre 1943 und einem Preis
Wirkstätte am Saseler Weg - erbaut um 1925/26 von dem berühmten Chilehaus- Architekt Fritz Höger.
im Musischen Wettbewerb der Hamburger Kunsthalle wur- de er, mit 18 Jahren, als Soldat eingezogen. In der amerikani- schen Gefangenschaft in Frank- reich malte er großformatige Wandbilder an die Baracken, räumte später Trümmerfelder in Hamburg, wurde Bautisch- ler, zeichnete bei Max Mahl- mann, malte Ölbilder, erprob- te Gouachen, erschien dort, wo Kunst gemacht und ausgestellt wurde. Er habe Kunstgeschich- te „gefressen“, gestand er ein- mal im Gespräch, konnte sich nicht satt sehen an Caspar Da- vid Friedrich, Philipp Otto Run- ge, Franz Radziwill, Otto Dix. Er las Gryphius, Hölderlin, Ril- ke, rezitierte Heinrich Heine. Einmal gelesen hatte er die Tex- te im Kopf.
1950 beteiligte er sich an den Restaurierungsarbeiten der Kunststätte Bossard bei Jes- teburg, erprobte alle bildne- rischen Techniken, schnitz- te, malte, zeichnete, radier- te, lithographierte, baute, und schaffte es 1952 auf die Lan- deskunstschule (heute Hoch- schule für Bildende Künste) in Hamburg. Nach ersten Grup- penausstellungen war der Weg in die Kunst geebnet.
Heinz Schrand heirate- te 1957, wurde dreimal Vater. Dem Ernsten, Suchenden, Rast- losen stand tiefes Leid bevor. „Ulla“ erkrankte. Sie starb 1970 mit 35 Jahren und ließ drei kleine Kinder zurück.
Ab 1971 arbeitete Heinz Schrand frei beru ich als Leh- rer an der Volkshochschule Hamburg, von 1979 bis 1998 auch als Lehrbeauftragter an der Fachhochschule für Bauwe- sen, Fachbereich Architektur.
Im Sommer 1971 zog Doro- thea mit ihrem Sohn Christi- an bei der mutterlosen Fami- lie ein. Am 17. Juni heirate- ten Heinz und Dorothea. Fort- an war Heinz der liebevolle Va- ter für alle. Dorothea sorgte als Lehrerin für ein regelmäßi- ges Einkommen. Heinz malte. Schuf Skulpturen, kaufte ein und kochte. „Heinz war trotz- dem immer bei sich,“ sagt Do- rothea Schrand. Es war turbu- lent, unzählige Zettel wurden beschrieben, skizziert, hinter- legt. „Aber wir haben alle im- merzu gelernt, viel gesprochen, improvisiert. Die Substanz war er. Jedes seiner niedergeschrie- benen Worte wurde Poesie.“
Klassisch und dionysisch
2001 gab Dorothea Schrand - altersbedingt - die Berufsarbeit auf. Ein Rollentausch begann. Sie übernahm den Haushalt. Beide waren freier. Sie wäre gern mehr gereist. Italien, Grie- chenland und Prag waren noch drin. Aber er war am liebsten zuhause. Im ehemaligen Stall, seiner Werkstatt im Garten, umgeben von Bäumen, Figu- ren und Skulpturen. „Ich brau-
Ich brauche keine Anstöße von außen, ich habe genug Betrieb in mir.
16 VolksdorferZeitung Mai 2017