Page 49 - Das Globale Freimaurertum
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Harun Yahya - Adnan Oktar
“schleichende Gift”. Der Gottesbegriff der Kabbala ist dem
Schöpfungsgedanken in Thora und Quran diametral entgegengesetzt. In
einer seiner Publikationen nimmt der amerikanische Forscher Lance S.
Owens wie folgt Stellung zur Frage nach den Gründen dafür:
Die mystische Lebensphilosophie kennt mehrere Erfahrungen des
Göttlichen, die sich alle fundamental von der orthodoxen Sichtweise unter-
scheiden. Der Grundgedanke des jüdischen Glaubens war und ist, dass es
nur einen Gott gibt. Dem widerspricht die Kabbala zunächst nicht. Aber
nachdem sie Gott als höchste Form einer untrennbaren Einheit behauptet,
Sof, das Unendliche, genannt, behauptet sie anschließend, diese der mensch-
lichen Erkenntnis unzugängliche “Singularität” habe zwangsläufig eine
Folge distinkter göttlicher Erscheinungsformen durchlaufen, Sefiroth ge-
nannt, worunter zu verstehen sind unterschiedliche Aspekte oder
“Gestalten” Gottes. Der Frage, wie und warum Gott sich aus Seiner ur-
sprünglichen “Singularität” in eine Vielzahl von “Gottheiten” verwandelt
hat, war schon immer ein Geheimnis, dem alle Kabbalisten unendlich viel
Zeit, Meditation und Spekulation gewidmet haben. Jeder Kritik, wie vehe-
ment, aber weitgehend erfolglos auch immer vorgebracht, an diesem vielge-
staltigen Gottesbild, wurde von den Kabbalsiten widerlegt. Nicht nur, dass
im Kabbalismus Gott als vielgestaltig erscheint, seine unerkennbare ur-
sprüngliche Emanation war angeblich die Aufspaltung in ein männliches
und weibliches Prinzip, Hokhmah und Binah genannt. Aus dieser quasi “ge-
splitteten” Emanation Gottes sind dem Kabbalismus zufolge alle weiteren
Entitäten entstanden … 27
Ein aufschlussreicher Aspekt dieser mystischen Theorie ist der, dass
ihr zufolge die Menschen nicht erschaffen wurden, sondern angeblich
göttlicher Natur seien. Dazu nochmals Owen:
Dieses komplexe Gottesbild … wurde in der Kabbala als einheitlich-anthro-
pomorph veranschaulicht. In einer kabbalistischen Version erscheint Gott
als Adam Kadmon, als erster oder archetypischer Mensch.. Mensch und Gott
gemeinsam sind demnach ein beiden innewohnender, nicht erschaffener
göttlicher Funke und eine komplexe organische Gestalt. Diese merkwürdi-
GJ