Page 100 - Materie: Ein anderer Name für Illusion
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In diesem Bild sehen die Menschen das Auto nicht und die, die im Auto sind, sehen die anderen Menschen nicht. Zu diesem bes-
timmten Moment bemerken sie einander nicht. Aber jemand, der dieses Bild aus einer bestimmten Entfernung und von einem an-
deren Platz betrachtet, sieht alles auf beiden Seiten zur gleichen Zeit. Das Gleiche gilt auch für das menschliche Leben.
Wir haben die Begriffe der Vergangenheit und Zukunft, und da wir von der Zeit abhängig sind, können wir die Zukunft nur als
sequentielle Folge von Ereignissen der Gegenwart sehen. Da Allah jedoch von Zeit und Raum völlig unabhängig ist, sieht Er un-
sere Vergangenheit, unsere Zukunft und Gegenwart in einem einzigen Moment in aller Lebendigkeit und Klarheit. Das plötzliche
Bremsmanöver, dass der Fahrer ausführen wird, wenn er die Menschen auf der Straße sieht, ist Allah im voraus bekannt.
Die Bedeutsamkeit der Ergebung in das Schicksal
Die Tatsache, dass Vergangenheit und Zukunft für Allah als erschaffene und erlebte Ereignisse existieren, zeigt
uns eine wichtige Wahrheit: Jeder Mensch ist vollständig seinem Schicksal unterworfen. Genauso wie eine Person
ihre Vergangenheit nicht ändern kann, kann sie auch ihre Zukunft nicht ändern, weil auch die Zukunft wie die Ver-
gangenheit bereits geschehen ist. Alle Ereignisse in der Zukunft sind beschlossen - wann und wo sie geschehen wer-
den, was man essen wird, mit wem man sprechen wird, was man erklären wird, wie viel Geld man erwerben wird,
unter welchen Krankheiten man leiden wird, wann, wo und wie man sterben wird. Denn all dies befindet sich schon
in Allahs Gedächtnis als erlebte Ereignisse. Aber diese Informationen sind noch nicht im Gedächtnis dieser Person.
Folglich bekümmern sich die, über ihre Zukunft traurig, beunruhigt und vergebens. Die Zukunft, über die sie so
besorgt und beunruhigt sind, ist bereits erlebt worden, und ganz gleich, was sie tun, haben sie keine Möglichkeit,
diese Ereignisse zu ändern.
An diesem Punkt ist es sehr wichtig, ein irrtümliches Verständnis des Schicksals zu vermeiden. Einige Men-
schen missverstehen und denken, dass das was ihr Schicksal ist, irgendwie geschehen wird, so dass sie nichts daran
ändern können. Es ist richtig, dass alles, was wir erleben, in unserem Schicksal bestimmt ist. Bevor wir ein Ereignis
erleben, ist es vor Allah erlebt worden und all seine Details stehen auf einer wohlverwahrten Tafel (al-lauh mah-
fudh) bei Allah eingetragen. Doch Allah gibt jedem die Empfindung, dass er die Ereignisse ändern kann, seine ei-
gene Wahl hat und Entscheidungen treffen kann. Wenn jemand zum Beispiel Wasser trinken möchte, sagt er nicht
"Wenn es mein Schicksal ist, trinke ich Wasser", und setzt sich hin. Stattdessen steht er auf, nimmt ein Glas und
trinkt das Wasser. Tatsächlich trinkt er eine vorherbestimmte Menge Wasser aus einem vorherbestimmten Glas.
Aber wenn er dies tut, fühlt er, dass er sich entsprechend seinem eigenen Wunsch und Willen verhält. Er empfindet
dieses Gefühl während seines Lebens immer, wenn er etwas tut. Der Unterschied zwischen einer Person, die sich
Allah und dem Schicksal völlig hingibt, das Allah für ihn bestimmt hat, und jemandem, der diese Realität nicht be-
greift ist folgender: Der sich Allah hingibt, weiß, dass alles was er tut, trotz des Gefühls, dass er selbst getan hat, ent-
sprechend Allahs Willen geschieht. Die andere Person nimmt irrtümlich an, dass sie alles mit seiner eigenen
Intelligenz und Kraft getan hat.
Wenn jemand, der sich Allah völlig hingibt, erfährt, dass er an einer Krankheit leidet, weiß er, dass diese Krank-
heit in seinem Schicksal ist und er vertraut auf Allah. Er denkt, da Allah diese Krankheit in seinem Schicksal be-
stimmt hat, sie ihm sicherlich großen Nutzen bringen wird. Er wartet jedoch nicht ab, ohne irgendwelche
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