Page 15 - Materie: Ein anderer Name für Illusion
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Ha run Yah ya



















                                                              EINLEITUNG



















                          enn Sie aus dem Fenster schauen, denken Sie, dass Sie den Ausblick, der sich ihnen bietet, mit Ihren
                          Augen sehen, denn Sie haben gelernt, so zu denken. Die Wirklichkeit ist jedoch anders. Sie können
             W die Welt mit Ihren Augen nicht sehen. Sie sehen nur ein Bild, das in Ihrem Gehirn entsteht. Dies ist

             keine bloße Vermutung oder eine philosophische These, sondern eine wissenschaftlich bewiesene Tatsache.
                 Dies kann besser verstanden werden, wenn wir erkennen, wie der Sehvorgang funktioniert. Das Auge ist für
             das Umwandeln des Lichtes in einen elektrischen Impuls mittels der Zellen in der Netzhaut (Retina) verantwort-
             lich. Dieser elektrische Impuls erreicht das Sehzentrum im Gehirn. Die Impulse bilden die Erscheinung, die Sie
             sehen, wenn Sie aus dem Fenster blicken. Die Erscheinungen, die Sie sehen, werden also in Ihrem Gehirn verur-
             sacht. Sie sehen ein Bild in Ihrem Gehirn, nicht die Aussicht außerhalb des Fensters. In der Abbildung, die auf der
             rechten Seite zu sehen ist, erreicht das Licht die Augen der Person von außen. Dieses Licht wird in elektrische Im-
             pulse umgewandelt und durch Neuronen zu einem winzigen Punkt im hinteren Teil des Gehirns, dem "Sehzen-
             trum", weitergeleitet. Es sind diese elektrischen Impulse, die das räumliche Bild im Gehirn entstehen lassen.

             Tatsächlich aber, wenn wir das Gehirn öffnen würden, könnten wir kein Bild sehen. Jedoch empfängt eine Art Be-
             wusstsein im Gehirn elektrische Impulse in Form eines Bildes, obwohl es kein Auge, keine Sehzellen oder Netz-
             haut hat. Wem also gehört das Bewusstsein im Gehirn?
                 Die gleiche Frage kann über dieses Buch gestellt werden, das Sie gerade lesen. Das Licht, das Ihr Auge er-
             reicht, wird in elektrische Impulse umgewandelt und erreicht Ihr Gehirn, wo das Bild des Buches entsteht. Das
             bedeutet, das Buch, das Sie im Augenblick lesen, befindet sich nicht außerhalb von Ihnen, sondern es ist in Ihnen,
             im Sehzentrum im hinteren Teil Ihres Gehirns. Da Sie die Festigkeit des Buches mit Ihren Händen fühlen können,

             denken Sie, das Buch befinde sich außerhalb von Ihnen. Jedoch entsteht auch dieses Gefühl der Festigkeit in
             Ihrem Gehirn. Die Nerven auf Ihren Fingerspitzen senden elektrische Informationen zum Zentrum des Tastsin-
             nes in Ihrem Gehirn. Wenn Sie das Buch berühren, fühlen Sie seine Beschaffenheit, die glatte Oberfläche der Sei-
             ten, die Qualität des Buchdeckels und die Schärfe der Seitenränder innerhalb Ihres Gehirns.
                 Sie können jedoch das Original dieses Buches nie berühren. Obwohl Sie denken, dass Sie das Buch berüh-
             ren, ist es Ihr Gehirn, das es durch seinen Tastsinn wahrnimmt. Dieses Buch existiert als ein materielles Objekt
             außerhalb Ihres Gehirns, aber Sie sind lediglich mit dem Bild des Buches innerhalb Ihres Gehirns konfrontiert. Sie
             sollten sich nicht durch die Tatsache täuschen lassen, dass ein Autor dieses Buch geschrieben hat, dass die Seiten
             mit Hilfe eines Computers entworfen und von einem Verleger gedruckt wurden. Wie Sie gleich erkennen wer-

             den, können Sie die Originale der Menschen, die in jedem Stadium der Herstellung dieses Buches vorkommen,
             der Computer und des Verlegers nie wissen.
                 Wir können folglich zu dem Schluss kommen, dass alles, was wir sehen, berühren und hören, nur in unserem
             Gehirn existiert. Dies ist eine wissenschaftlich bewiesene Tatsache; und der eigentliche Punkt ist hier die Frage,
             die sich aus dieser Tatsache ergibt: Wer oder was ist es, der diese Erscheinungen in unserem Gehirn sieht, ohne
             Augen zu haben und sie der sie genießen kann, der aufgeregt und glücklich sein kann?









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