Page 158 - Das Wunder der Migration bei Tieren
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DAS WUNDER DER MIGRATION BEI TIEREN
tropischen Gewässer auswählen.
Die Jungtiere werden einige Monate lang gestillt. Weil die Muttermilch
der Wale ausgesprochen reichhaltig an Fetten und Proteinen ist, wachsen die
kleinen Wale ausgesprochen schnell und können die notwendige Fettschicht
anlegen. Das ist für die jungen Tiere eine lebenswichtige Eigenschaft, denn
im frostigen Polargewässer sind sie auf ihre Mutter und schnelles Kraftge-
winnen angewiesen.
Nach der Geburt wandern die Wale Richtung Nordmeer um Nahrung zu
finden. Bartelwale überleben bis zu vier Monate pro Jahr, ohne Nahrung auf-
zunehmen. Dabei verwenden sie die Fettreserven, die sie im Sommer ange-
legt haben. Bei der Reise von und zu den Fortpflanzungsgebieten können sie
sogar selbst wenn sie trächtig sind oder die Jungen stillen, mehr als 7.000 Ki-
lometer hinter sich bringen, ohne Nahrung aufnehmen zu müssen. 46
Auch die Gebiete, welche sich die Wale als Futtergebiete aussuchen,
die sich von pflanzlichem Plankton ernähren, sind interessant. So wie auf
dem Land, ist auch das Leben im Meer an die Existenz von Pflanzen gebun-
den. Dank der Photosynthese gehen unorganische Stoffe mit organischen
Stoffen eine Synthese ein. Das nahrhafte Wasser am Meeresgrund, das über
Nitrate, Phosphate und Sulfate verfügt, wird von der Strömung Richtung An-
tarktis getrieben und steigt in der Nähe der Küsten an die Oberfläche, um mit
der Meeresströmung Richtung Norden transportiert zu werden. In diesen
Wassern, die reich an Nahrung sind, wächst auch das Plankton stärker. Daher
enthält das Wasser der Antarktis rund 10-20 Mal mehr Plankton als die tro-
pischen Meere. Als würden sie das wissen, ziehen die Wale in diese Gewäs-
ser.
Zahnwale migrieren nicht so weit wie Bartelwale. Einige leben in Flüs-
sen, was ihren Bewegungsradius ebenfalls einschränkt.
Wissenschaftler, die sich mit den langen Reisen der Bartelwale zu ihren
speziellen Fortpflanzungs- und Futterstellen beschäftigen, interessieren sich
insbesondere für den Orientierungssinn der Tiere. Man geht davon aus, dass
die Tiere sich anhand des Magnetfelds der Erde orientieren können. Es wird
angenommen, dass in den Schichten in der Gehirnregion ein Magnetlager ist,
das sie für diese Aufgabe nutzen. So können die Wale das Magnetfeld der
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