Page 50 - Das Wunder der Migration bei Tieren
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damit begründen. Denn auch einige Ufervögel, die gut fliegen können und
                  über dem Ozean 3.200 Kilometer lange Strecken zurücklegen können,
                  wählen für ihre Wanderung die Nacht.
                      Ein Grund dafür, dass Vögel ihren Zug bei Nacht durchführen liegt in
                  ihrer Zeit für die Nahrungsaufnahme. Das Verdauungssystem von Vögeln,
                  die sich für gewöhnlich tagsüber ernähren, ist sehr schnell. Daher müssen
                  diese Vögel in kurzen Abständen Nahrung zu sich nehmen und vor dem Zug
                  ihre Nahrung in Form von Fettreserven speichern. Wenn die kleinen
                  Migranten ihren langen Flug am Tag antreten würden, würden sie ihren
                  Zielort erst bei Einbruch der Nacht erreichen und müssten so den nächsten
                  Morgen abwarten, um Futter zu finden. In diesem Fall würden sicherlich
                  viele der Vögel wegen der Kälte und weil sie keine Energiezufuhr haben,
                  eingehen. Daher ist es eine sehr gut geplante Handlung, wenn sich die Tiere
                  bei Nacht auf die Reise begeben. Die Vögel ernähren sich tagsüber und
                  legen ihre Fettreserven an, nachts ziehen sie weiter und bei Sonnenaufgang
                  legen sie eine Pause ein, so setzt sich der Kreislauf fort.
                      Eine weitere Vermutung, die jedoch noch nicht bewiesen werden
                  konnte, geht davon aus, dass der Zug in der Nacht auch wegen der geringen
                  Umgebungstemperatur von Vorteil ist. Vögel, die den gesamten Tag über
                  mit den Flügeln schlagen, sind im Sonnenlicht einem erhöhten Überhit-
                  zungsrisiko ausgesetzt. Bei Nacht ist diese Gefahr gebannt. Außerdem pro-
                  duziert auch die verwendete Energie eine gewisse Wärme. Die Vögel
                  senken die Temperatur ab, in dem sie sehr schnell Atmen und das Wasser in
                  Mund und Rachen verdampfen lassen und durch das Verdampfen der
                  Feuchtigkeit auf ihrer Haut, also einer Art Schwitzen.
                      Die Entfernung, die Vögel ohne Pause im Flug zurücklegen können
                  ist wahrscheinlich eher durch den Wasserverlust des Körpers als durch die
                  Fettreserven festgelegt. Daher können sie bei einem Nachtflug von der
                  Kühle profitieren und verlieren weniger Wasser, gleichzeitig bleibt die
                  Körpertemperatur gering. Je weniger Wasserverlust sie erleiden, desto län-
                  ger wird die Entfernung, welche sie im Flug zurücklegen können.
                      Aus den genannten Gründen bevorzugen Vögel es ihren Zug in der







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