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„ERINNERUNGS-SPLITTER“
oder
die ersten Jahre „TSV Nahe Fußball“ nach 1948
Fußball um 1948 war eine preiswerte sportliche Betätigung. Man brauchte nur et-
was Rundes und einen Platz, (dessen Umgebung möglichst frei von Fensterschei-
ben war, um bei ungenauen Ballabgaben nicht durch ein folgenschweres Klirren
gestört zu werden), schon war der heranwachsende Fußballnachwuchs happy. Es
wurde überhaupt nach allem getreten, was im Aktionsradius der Beine lag: Steine,
Blechdosen, Holzklötze oder andere bewegliche Teile waren vor einem gezielten
Tritt nicht sicher. Sehr zum Leidwesen der Eltern, denn das Schuhwerk trug teil-
weise erhebliche Blessuren davon.
Noch fernseh- und discofrei war die Ausdauer der Jugend beim „Bolzen“ (heut
würde man Trainingsmöglichkeit sagen) nahezu grenzenlos. Stundenlang wurde
bei Bäcker Rathje vor und hinter dem Haus mit der nicht zu vermeidenden Laut-
stärke „gedattelt“, auf Willi Dittmann´s Hof ausdauernd und nervtötend für die An- A-Jugend 1954
wohner gegen die Scheunentore geschossen. Jeder Treffer klang so satt“, und
außerdem kam der Ball praktischerweise immer schön zurück. Sogar der Schul- Stehend von links: Betreuer Ernst Schulz, Siegmar Gomille, Kurt Ferk, Helmut
hof wurde für ausgiebige Spiele am Nachmittag nicht gemieden, obwohl man ja Teuscher, Alfred Nickel, Erich Finnern, Günter Wolgast, knieend von links: Karl-
vormittags lange genug im „Dunstkreis“ des Schulgeländes seine Zeit verbrachte. Heinz Wrage, Jochen Gäde, Hans-Jürgen Kell, sitzend von links: Konrad Elvert,
Hans-Jürgen Rathje, Manfred Dankert.
Mit den Grundkenntnissen des Bolzens vertraut, bot die Wiedergründung des TSV
Nahe die Gelegenheit, sich fußballerisch gezielt zu betätigen und sich auch mit
Nachbarvereinen zu messen. Eine weitere Steigerung erfuhr der Fahrkomfort durch den Einsatz von Rathje’s
Während sich die Knaben-, Schüler- und Jugendmannschaften in der Woche auf Brotwagen (Opel-Blitz). Bis zu 15 Sportler in dem zunächst appetitlich duftenden,
Hauskoppeln und Höfen fit hielten, aber auch so manchen „blauen Trainingsfleck“ wenn auch dunklen Laderaum fühlten sich nach längerer Zeit im Sommer nicht
am Schienbein mit nach Hause brachten, wurde am Sonntag die Fahrt in die immer ganz wohl. Obwohl der Brotwagen für diese Transportzwecke nicht zuge-
Nachbardörfer gewagt. Zunächst mit der nicht ganz feudalen Traktor-Anhänger- lassen war, der Fahrzeugbesitzer also risikoreich vermied, die Augen der Polizei
Version einer Fahrgelegenheit. Dann 1949 – 1950 erfuhr unser Transportwesen auf das Unerlaubte aufmerksam werden zu lassen, wagten wir sogar, mit einem
eine Steigerung mit dem LKW von „Kartoffel Pump“ (Wakendorf). Hier war auch Band während der Fahrt die rückwärtige Tür einen Schlitz zu öffnen. Das gestat-
Selbstbeteiligung gefragt. tete eine begrenzte Frischluftzufuhr und diente nach weiterem Öffnen der Tür dem
besonders empfindlichen Magen nach Kurvenfahrten zum „Opfern“ in die freie Na-
Ladefläche säubern (ich hatte den Eindruck, daß manchmal auch „Mist hinterlas- tur auf die Straße.
sendes Viehzeug“ vorher transportiert worden war), Bänke aufladen, Abdeckplane
in Position zurren. Es gab sogar Fälle, da verlangte der altersschwache Motor den Mit einsetzender Motorisierungs-Welle (1952-53) übernahmen PKW’s „unseren
Anstoß durch die jugendliche Fracht, um wieder richtig auf Touren zu kommen. Transport“ und damit war die Zeit besonders Erlebnisse in Sachen Fahrgelegen-
Dadurch in gute Kondition versetzt, spielten und gewannen wir! heit zu Ende.
Aber wir hatten auch Heimspiele! Ein Sportlerleben-Kapitel, mit Umständen, die
sich lohnen, auch festgehalten zu werden:
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