Page 10 - Bund der Steuerzahler in Bayern - Chronik 70 Jahre
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1949                                                                                                                                                                                                                               2019











        Transparenz

        Mehr Durchblick für die Bürger





        Stellen Sie sich vor, es ist 1949 und Sie wollen in den Haushaltsplan   Der Bund der Steuerzahler NRW hat 2013 mit Mehr Demokratie
        Ihrer Kommune schauen. Fehlanzeige – im Rathaus schlägt man   NRW, dem Naturschutzbund NRW und Transparency International
        Ihnen die Tür vor der Nase zu.  Haushaltspläne der öffentlichen   Deutschland eine Kampagne für ein solches Transparenzgesetz in
        Hand waren damals streng vertraulich und nicht für die Öffentlich-  NRW auf den Weg gebracht. Das Bündnis hat einen Entwurf für
        keit bestimmt. Willkür und Heimlichtuerei von Behörden waren   ein Transparenzgesetz erarbeitet und 2014 dem Landtag über-
        ein Grund dafür, dass 1949 der Bund der Steuerzahler gegründet   reicht. Ziel der Initiative ist es, dass Landes- und Kommunalbehör-
        wurde.                                                den verpflichtet werden, wichtige Daten wie Verträge zur Daseins-
                                                              vorsorge, Gutachten, Statistiken und Verwaltungsvorschriften im
        Da ein Schwerpunkt unserer Arbeit bei den Haushaltsanalysen der   Internet kostenlos für alle Bürger zugänglich zu machen. Letztlich
        Kommunen lag, wurde um den Einblick in Haushaltspläne, Haus-  haben die Bürger die Erhebung von Daten mit ihrem Steuergeld
                                                                                                                                             Bündnis übergibt Entwurf für ein Transparenz-  Bündnis übergibt Entwurf für ein Transparenzgesetz an
        haltsberechnungen oder Berichte der rechnungsprüfenden Behör-  finanziert. Warum sollte man ihnen den Zugang nicht so einfach   gesetz an die damalige Landtagspräsidentin Carina Gö-  die damalige Landtagspräsidentin Carina Gödecke und
        den hart gerungen.                                    wie möglich machen? Zumal die Bürger immer häufiger bei                   decke am 19.2.2014                             Landtagsabgeordnete am 19.2.2014
                                                              politischen Entscheidungen mitwirken wollen. Sei es bei Planun-
        Mit Erfolg. Heute sind öffentliche Haushaltspläne selbstverständ-  gen zur Privatisierung von Stadtwerken, sei es bei der Schließung
        lich. Doch Antworten auf Fragen wie „Welche Sportvereine werden   von Schulen oder Schwimmbädern – wann immer sich Bürger in
        von Sparmaßnahmen meiner Kommune betroffen sein“ oder   politische Prozesse einmischen, müssen sie unkompliziert und
        „Wird die neue Straße an meinem Grundstück vorbeigeführt?“   schnell Zugang zu allen Informationen haben, die für ihre Mei-
        waren vor knapp 20 Jahren in Nordrhein-Westfalen nicht so   nungsbildung relevant sein könnten. 
        einfach zu bekommen. Auch damals galt noch: Behördliche Infor-
        mationen sind grundsätzlich nicht öffentlich. Zu einer wegweisen-  Auch beim Thema Korruption ruhen auf einem Transparenzgesetz
        den Veränderung für die Bürger kam es erst, als 2002 das Informa-  große Hoffnungen. Denn nichts ist für kriminelle Elemente unan-
        tionsfreiheitsgesetz in Nordrhein-Westfalen wirksam wurde, das   genehmer als öffentliche Kontrolle. Das gilt auch für Steuergeld-
        der Bund der Steuerzahler NRW zuvor immer wieder gefordert   verschwendung, für die es immer noch keine wirksame Strafe gibt.
        hatte. Seitdem können Bürger auf Antrag Einsicht in Akten und   Ein Transparenzgesetz würde außerdem die Akzeptanz von
        Dokumente nehmen.                                     Verwaltungsentscheidungen erhöhen und auch die Arbeit von
                                                              Journalisten erleichtern. Bremen und Rheinland-Pfalz sind mittler-
        Doch was einfach und gut klingt, ist in der Realität oft umständ-  weile dem guten Beispiel Hamburgs gefolgt und haben Transpa renz-
        lich und teuer. Anträge müssen schriftlich gestellt werden, Ant-  gesetze verabschiedet. Bayern, Sachsen und Niedersachsen hingen
        worten können einen Monat auf sich warten lassen und sogar   haben bis heute noch nicht einmal Informationsfreiheitsgesetze.   Heinz Wirz mit Bündnispartnern im NRW-Landtag bei der
        Gebühren kosten. Und das angebliche Recht auf freien Zugang zu                                                                Veranstaltung „Open NRW“. (Es ging um Transparenz,
        Informationen wird allzu oft durch andere Bestimmungen überla-  Auch ist die Qualität der Informationsfreiheitsgesetze in den   Open Data, E-Government usw.)                          Heinz Wirz mit Bündnispartnern von Mehr Demokratie
        gert. Schon wenige Monate nachdem das Informationsfreiheitsge-  Bundesländern sehr unterschiedlich, wie der Verein „Mehr Demo-                                                         NRW und Transparency Deutschland bei der Vorstellung
                                                                                                                                                                                               des Bündnisses und der Kampagne  „NRW blickt durch“
        setz in Kraft getreten war, unterstützte der BdSt NRW eine Reihe   kratie“ bei einer Untersuchung 2017 festgestellt hat. Und immer                                                     vor der Landespressekonferenz am 18.4.2013
        von Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit dem Informati-  noch kämpfen Bürger, Journalisten und auch der Bund der Steuer-
        onsfreiheitsgesetz. Hamburg hat als erstes Bundesland das Amts-  zahler um Auskünfte bei Behörden vor Gericht, obwohl Gerichte
        geheimnis abgeschafft und damit Maßstäbe für Transparenz   immer häufiger signalisieren: Transparenz hat Vorfahrt vor dem
        gesetzt. Seit dem 1. Oktober 2014 ist dort ein Transparenzportal   Amtsgeheimnis. Es sollte Schluss sein mit der Verschwendung von
        online, auf dem jeder kostenlos im Internet Einblick nehmen kann   Zeit, Energie und Steuergeld beim jahrelangen Prozessieren um
        in Senatsbeschlüsse, Verträge, Gutachten, Studien oder wesentli-  Auskünfte. Was fehlt, ist eine klare gesetzliche und einheitliche                                                       Interfraktionelles Treffen
        che Unternehmensdaten städtischer Beteiligungen. Die gesamte   Regelung in allen Bundesländern.                                                                                           bei uns in der Geschäftsstelle
        Verwaltung der Freien und Hansestadt ist verpflichtet, die vom                                                                                                                            zum Transparenzgesetz NRW.
        Gesetz vorgeschriebenen Informationen von sich aus zu veröffent-  Mehr Durchblick für die Bürger - in den vergangenen 70 Jahren hat
        lichen. Und die Bürger in NRW? Ihnen hatte die damalige rot-grü-  der Bund der Steuerzahler in Sachen Transparenz viel bewegt und
        ne Landesregierung im Koalitionsvertrag ebenfalls ein Transpa-  er wird sich auch in Zukunft für einen Paradigmenwechsel einset-
        renzgesetz versprochen, doch weder mit der alten noch mit der   zen, bei dem aus der Holschuld der Bürger eine Bringschuld der
        neuen Landesregierung ist ein Transparenzgesetz in greifbare   Behörden wird. AD
        Nähe gerückt.



        1010  Aus unserer Arbeit                                                              70 Jahre | BdSt Deutschland e. V.70 Jahre | BdSt Deutschland e. V.  70 Jahre | BdSt Deutschland e. V.70 Jahre | BdSt Deutschland e. V.  1111
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