Page 10 - tegut Marktplatz 6-2024
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AUF D ER ZUN GE
Das Rezept für Gebor-
genheit? Enthält meist
etwas Zimt, Vanille und
andere typisch weih-
nachtliche Gewürze
GESÜNDER ESSEN LERNEN
Unser Geschmackssinn ist zu etwa 20 Prozent
genetisch veranlagt, der Rest ist Prägung –
und die beginnt schon im Mutterleib. „Über
die Plazenta kann der Fötus bereits einen ers-
ten Eindruck davon bekommen, wie gesunde
Vielfalt schmeckt – oder eben nicht. Weiter
geht es mit der Muttermilch: Je abwechs-
lungsreicher sich die Mutter ernährt, umso
abwechslungsreicher schmeckt auch die
Milch“, sagt Prof. Dr. Andrea Maier-Nöth,
Expertin für frühkindliche Geschmacksprä-
gung. Es könnte sich lohnen, den Nachwuchs
so schon früh an Gesundes zu gewöhnen.
Auch im späteren Leben ist Gewöhnen das
Mittel der Wahl, wenn es darum geht, seinen
Geschmack zu verändern. Laut Maier-Nöth
kann es auch bei Erwachsenen funktionieren,
immer wieder in kleinen Dosen ein gesundes
Lebensmittel zu verspeisen, um es langsam
lieber zu mögen. Auch achtsames Essen hilft.
Wem zum Beispiel Spinat zu bitter ist, der
kann durch sehr genaues Hinschmecken ver-
suchen, wahrzunehmen, wonach Spinat noch
schmeckt, und diese anderen Nuancen in
Zukunft in den Vordergrund stellen.
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Getriebene vor Take-away-Gerichten sitzen. Wir zelebrieren
den Genuss, wo wir uns sonst das dritte Stück Schokolade
versagen. Wir schwelgen in Erinnerungen, wo wir sonst nur
nach vorn schauen, den nächsten Punkt auf unserer To-do-
Liste fest im Blick.
All das macht aus unserem Weihnachtsessen Nahrung
für die Seele. Später am Abend runden wir das Weihnachts-
wohlfühlnostalgiepaket am besten dann noch ab mit einem
Filmklassiker wie „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“, „Der
kleine Lord“ oder „Ist das Leben nicht schön?“. Und greifen
dazu in unsere bunten Teller: Dominosteine, Fondantsterne,
Vanillekipferl – herrlich!
Die Idee von Wackelpudding
„Essen ist Nostalgie. Vergessen Sie Salz und Pfeffer, nichts
würzt Essen so wirkungsvoll wie eine kräftige Prise Nostal-
gie.“ Das sagte der britische Starkoch Nigel Slater mal in
einem Interview mit dem „Spiegel“-Magazin. Er sprach
dabei auch über sein persönliches Glücksgericht: Wackel-
pudding. „Er ist mein Allheilmittel. Dabei ist Wackelpud-
ding wirklich nichts Tolles: zuckriges gefärbtes Wasser, in
eine Form gegossen. Aber er erinnert mich an die Geburts-
tagspartys meiner Kindheit. Es geht nicht darum, was
Wackelpudding ist. Es ist die Idee von Wackelpudding, die
zählt.“ Der Geschmack der Kindheit ist wie eine warme
Umarmung, die uns in schwierigen Zeiten Trost spendet
und uns daran erinnert, wo wir herkommen. Wer im Ausland
FOTOS iStock (4), M. Krause, Unsplash