Page 5 - Kunst plus Handwerk gleich Kunsthandwerk

Leistenform aus Silikon und erste gegossene Leisten
Die Abnahme durch Christian Graf musste ich
natürlich noch bestehen. Ich werde nicht vergessen,
wie er in meinem Treppenhaus stand, sich umsah und
meinte: ‚Ist ganz schön geworden aber über Stil
brauchen wir hier nicht zu diskutieren!‘ Ja, das ist
wohl wahr. Meine durch Einsteckwerke in Form von
Thermo- und Hygrometern aufgepeppten DDR
Sperrholztüren sind ja auch nicht gerade stilecht
(siehe Bild unten).
Treppenhaus mit frisch verlegtem Parkett
Abgerundet wurde die Renovierung noch durch einen
Stuckkopf, den ich schon in der Werkstatt des
Meisters anhimmelte und kurzerhand entgegen
jeglicher stilistischer Gesetze in eine
Treppenhauslampe verwandelte.
Der Kopf wird zusätzlich von einer Lampe angestrahlt
Das war nun meine lange Einleitung, um zum
wirklichen Thema dieses Artikels zu kommen. Dem
Beruf des Stuckateurs und dem Werk aus der
Vergangenheit, dass er täglich aufs Neue zu retten
versucht. Als ich auf die Idee für diesen Artikel kam,
rief ich Herrn Graf an, um ihm mein Anliegen zu
schildern. Bis dahin ging ich ganz naiv davon aus, dass
es sich bei diesem Beruf um ein Kunsthandwerk
handelt. Zu meinem Erstaunen belehrte mich Herr
Graf darüber, dass das keineswegs der Fall sei. Der
Stuckateur ist im Grunde ein Bauhandwerker, der sich
mit Gewerken des Verputzens von Fassaden und
Wänden befasst. Er übernimmt den Trockenbau
genauso wie die energetische und Schallsanierung.
Die Restauration oder Erstellung neuen Stucks ist eine
weitere Seite des Berufsbildes, das ohne Sinn für das
Schöne der alten Architektur und ohne ein gewisses
Talent nicht machbar ist. Sei es, wie es will, für mich
ist es Kunst und so falsch liege ich damit sicher nicht.
Auch wenn es als solche heute unverständlicherweise
nicht angesehen wird, galten die Meister ihres
Handwerks in der Renaissance bis zum Klassizismus
sehr wohl als Künstler. Wenn auch in der Renaissance
das Kreischaer Erbgericht, an dem Christian Graf
arbeitet, noch nicht mit Stuckelementen verziert
wurde, so wurde das ursprüngliche Gebäude sehr
wohl in dieser Zeit erbaut. Da man die Epochen
bezogen auf unterschiedliche Künste wie Musik,
Malerei und Architektur nicht zweifelsfrei den
gleichen Jahreszahlen zuordnen kann und die
Übergänge ohnehin fließend sind, so kann man die
Entstehung des Grundgebäudes Ende des 16.
Jahrhunderts durchaus der oben beschriebenen
Epoche der Renaissance zuordnen. Genauso war es
wohl eher der späte oder auch Neo-Klassizismus
unter deutlichem Einfluss des Barock, der den Prunk