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Nachdem Ende September das Klima- Immerhin ist er für 14 % der gesamten CO2-Emissionen in
kabinett der Bundesregierung das soge- Deutschland direkt verantwortlich. Das entspricht rund 120 Mil-
nannte Klimapaket präsentierte, war die lionen Tonnen pro Jahr. Und obwohl es sich hier um ein echtes
Enttäuschung groß. Zu Recht, denn von Schwergewicht in der deutschen Klimabilanz handelt, ist diese
einem großen Wurf kann bei den Ergeb- Branche – übrigens ebenso wie der Verkehrssektor – noch immer
nissen beim besten Willen nicht die Rede nicht Teil des europäischen Emissionshandelssystems.
sein. Eine verkappte CO2-Steuer und lose
Einzelmaßnahmen wie die Erhöhung der Eine konsequente Einbindung des Gebäudesektors in einen funk-
Flugticketsteuer und ein Verbot sowie eine tionierenden Emissionshandel muss aber unser Ziel sein. Mit ei-
Abwrackprämie für Ölheizungen sollen nem jährlich sinkenden CO2-Limit können wir Schritt für Schritt
der Masterplan der Bundesregierung für unsere Emissionen reduzieren und bis 2050 Klimaneutralität er-
die Jahrhundertaufgabe Klimaschutz sein? reichen. Nur auf diesem Weg können wir im Immobilienbereich
Sind wir einmal ehrlich: Eine echte Chance, für Mieter und Vermieter, Wirtschaft und Verbraucher planbare
die Pariser Klimaziele einzuhalten, haben Rahmenbedingungen schaffen und unsere Verpflichtungen aus
wir mit diesem mutlosen Vorgehen nicht. Paris punktgenau erreichen. Und ganz nebenbei würden die teu-
ren Einzelmaßnahmen des Klimapaktes überflüssig werden.
Dabei lässt das Klimapaket viele Möglich- Zusätzlich muss die Politik wirksame Anreize für Investitionen
keiten zur Treibhausgasreduktion unge- in regenerative Energieversorgung setzen und nicht nur eine
nutzt. Gerade im Gebäudesektor besteht Abwrackprämie für alte Ölheizungen ausloben. Eine ermäßigte
noch großes CO2-Einsparungspotential.
Mehrwertsteuer, deutliche Sonderabschreibungen für klima-
freundliche Umbauten und größere KfW-Förderprogramme sind
die Register, die wir hier ziehen müssen. So kann es gelingen, die Mit diesen Förderungsmaßnahmen gekoppelt mit einer Beprei-
energetische Sanierungsquote von aktuell einem Prozent im Jahr sung der Treibhausgase mit einem jährlich sinkenden CO2-Limit,
zu verzehnfachen. Durch eine Klimakostenbremse müssen zu- ist es möglich, mehrere Millionen Tonnen CO2 im Jahr allein im
gleich die Mieter davor bewahrt werden, dass die Kosten für kli- Gebäudesektor einzusparen.
mafreundliche Umbaumaßnahmen in Form von Mieterhöhun-
gen auf sie abgewälzt werden. Es ist nachgewiesen, dass ein Emissionshandelssystem eine Re-
duktion der Treibhausgase nachweislich effektiver und zielge-
Außerdem muss der Mieterstrom, der mit hauseigenen Photo- nauer als eine CO2-Steuer bewirkt. Auch wenn im Klimapaket von
voltaikanlagen auf den Dächern auch einen Beitrag zur Energie- einem Zertifikatehandel die Rede ist, erinnert die Lösung der Bun-
wende leisten kann, stärker gefördert werden. Die Abschaffung desregierung doch eher an eine CO2-Steuer als an ein Handels-
der EEG-Umlage für Strom aus erneuerbaren Energien und eine system. Schließlich werden die Zertifikate für eine Tonne CO2 zu
Senkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß sind einem Festpreis ausgegeben. Somit fehlt es vollkommen an dem
die richtigen Ansätze, um dieses Versorgungskonzept endlich at- entscheidenden Instrument des Zertifikatehandels: dem variab-
traktiver zu gestalten. Auch müssen uns die Vorteile von dezen- len Preis. Diese Kompromisslösung zeugt von mutloser Politik bei
tralen Heizungssystemen bewusst werden. Sie punkten gegen- einem Thema, bei dem wir uns keine Mutlosigkeit leisten können.
über zentraler Wärmeversorgung durch geringe Wärmeverluste Wenn wir unsere Klimaschutzziele erreichen und unseren CO2-
aufgrund kurzer Transportwege. Zudem ist ihre Effektivität nicht Ausstoß jährlich reduzieren wollen, um bis 2050 klimaneutral zu
von einer höheren Ausnutzung abhängig. Dies bedeutet gerade werden, müssen wir entschlossen handeln.
im Hinblick auf die immer bessere Wärmedämmung unserer
Häuser einen großen Pluspunkt. Hierbei können wir in Deutschland mit einem guten Vorbild
vorangehen. Ein großer erster Schritt wäre bereits getan, wenn
Einiges sollten wir uns auch bei unseren niederländischen Nach-
barn abschauen: Dort gelten für Energieeinsparungen lediglich wir den Gebäudesektor endlich – zunächst national – in den
Richtlinien. Die konkrete Umsetzung aber wird den Bauherren Emissionshandel integrieren und daraufhin eine europaweite
selbst überlassen. So können Innovationen, beispielsweise bei Einbindung der Baubranche zusammen mit einer „Koalition der
Energiesparkonzepten, schneller und einfacher bei Neubauten Willigen“ vorantreiben. Wir müssen effektiven Klimaschutz auch
implementiert werden. endlich im Bausektor angehen.
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