Page 11 - BGA Magazin
P. 11

Nachdem Ende September das Klima-  Immerhin  ist  er  für  14  %    der  gesamten  CO2-Emissionen  in
 kabinett der Bundesregierung das soge-  Deutschland direkt verantwortlich. Das entspricht rund 120 Mil-
 nannte  Klimapaket  präsentierte,  war  die   lionen Tonnen pro Jahr. Und obwohl es sich hier um ein echtes
 Enttäuschung  groß.  Zu  Recht,  denn  von   Schwergewicht  in  der  deutschen  Klimabilanz  handelt,  ist  diese
 einem großen Wurf kann bei den Ergeb-  Branche – übrigens ebenso wie der Verkehrssektor – noch immer
 nissen beim besten Willen nicht die Rede   nicht Teil des europäischen Emissionshandelssystems.
 sein. Eine verkappte CO2-Steuer und lose
 Einzelmaßnahmen wie die Erhöhung der   Eine konsequente Einbindung des Gebäudesektors in einen funk-
 Flugticketsteuer und ein Verbot sowie eine   tionierenden Emissionshandel muss aber unser Ziel sein. Mit ei-
 Abwrackprämie für Ölheizungen sollen   nem jährlich sinkenden CO2-Limit können wir Schritt für Schritt
 der Masterplan der Bundesregierung für   unsere Emissionen reduzieren und bis 2050 Klimaneutralität er-
 die Jahrhundertaufgabe Klimaschutz sein?   reichen. Nur auf diesem Weg können wir im Immobilienbereich
 Sind wir einmal ehrlich: Eine echte Chance,   für Mieter und Vermieter, Wirtschaft und Verbraucher planbare
 die Pariser Klimaziele einzuhalten, haben   Rahmenbedingungen schaffen und unsere Verpflichtungen aus
 wir mit diesem mutlosen Vorgehen nicht.   Paris punktgenau erreichen. Und ganz nebenbei würden die teu-
 ren Einzelmaßnahmen des Klimapaktes überflüssig werden.
 Dabei lässt das Klimapaket viele Möglich-  Zusätzlich muss die Politik wirksame Anreize für Investitionen
 keiten zur Treibhausgasreduktion unge-  in regenerative Energieversorgung setzen und nicht nur eine
 nutzt. Gerade im Gebäudesektor besteht   Abwrackprämie für alte Ölheizungen ausloben. Eine ermäßigte
 noch großes CO2-Einsparungspotential.
 Mehrwertsteuer,  deutliche  Sonderabschreibungen  für  klima-
 freundliche Umbauten und größere KfW-Förderprogramme sind
 die Register, die wir hier ziehen müssen. So kann es gelingen, die   Mit diesen Förderungsmaßnahmen gekoppelt mit einer Beprei-
 energetische Sanierungsquote von aktuell einem Prozent im Jahr   sung der Treibhausgase mit einem jährlich sinkenden CO2-Limit,
 zu  verzehnfachen.  Durch  eine  Klimakostenbremse  müssen  zu-  ist es möglich, mehrere Millionen Tonnen CO2 im Jahr allein im
 gleich die Mieter davor bewahrt werden, dass die Kosten für kli-  Gebäudesektor einzusparen.
 mafreundliche  Umbaumaßnahmen  in  Form  von  Mieterhöhun-
 gen auf sie abgewälzt werden.   Es ist nachgewiesen, dass ein Emissionshandelssystem eine Re-
          duktion  der  Treibhausgase  nachweislich  effektiver  und  zielge-
 Außerdem muss der Mieterstrom, der mit hauseigenen Photo-  nauer als eine CO2-Steuer bewirkt. Auch wenn im Klimapaket von
 voltaikanlagen auf den Dächern auch einen Beitrag zur Energie-  einem Zertifikatehandel die Rede ist, erinnert die Lösung der Bun-
 wende leisten kann, stärker gefördert werden. Die Abschaffung   desregierung doch eher an eine CO2-Steuer als an ein Handels-
 der EEG-Umlage für Strom aus erneuerbaren Energien und eine   system. Schließlich werden die Zertifikate für eine Tonne CO2 zu
 Senkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß sind   einem Festpreis ausgegeben. Somit fehlt es vollkommen an dem
 die richtigen Ansätze, um dieses Versorgungskonzept endlich at-  entscheidenden Instrument des Zertifikatehandels: dem variab-
 traktiver zu gestalten. Auch müssen uns die Vorteile von dezen-  len Preis. Diese Kompromisslösung zeugt von mutloser Politik bei
 tralen Heizungssystemen bewusst werden. Sie punkten gegen-  einem Thema, bei dem wir uns keine Mutlosigkeit leisten können.
 über zentraler Wärmeversorgung durch geringe Wärmeverluste   Wenn wir unsere Klimaschutzziele erreichen und unseren CO2-
 aufgrund kurzer Transportwege. Zudem ist ihre Effektivität nicht   Ausstoß jährlich reduzieren wollen, um bis 2050 klimaneutral zu
 von einer höheren Ausnutzung abhängig. Dies bedeutet gerade   werden, müssen wir entschlossen handeln.
 im  Hinblick  auf  die  immer  bessere  Wärmedämmung  unserer
 Häuser einen großen Pluspunkt.   Hierbei  können  wir  in  Deutschland  mit  einem  guten  Vorbild
          vorangehen. Ein großer erster Schritt wäre bereits getan, wenn
 Einiges sollten wir uns auch bei unseren niederländischen Nach-
 barn abschauen: Dort gelten für Energieeinsparungen lediglich   wir den Gebäudesektor endlich – zunächst national – in den
 Richtlinien. Die konkrete Umsetzung aber wird den Bauherren   Emissionshandel  integrieren  und  daraufhin  eine  europaweite
 selbst  überlassen.  So  können  Innovationen,  beispielsweise  bei   Einbindung der Baubranche zusammen mit einer „Koalition der
 Energiesparkonzepten,  schneller  und  einfacher  bei  Neubauten   Willigen“ vorantreiben. Wir müssen effektiven Klimaschutz auch
 implementiert werden.   endlich im Bausektor angehen.



 10 | BGA-Magazin | 01/2020                                                                  BGA-Magazin | 01/2020 | 11
   6   7   8   9   10   11   12   13   14   15   16