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Die eigentlich für den Jahreswechsel 2019/2010 angekündigte
          Reform der Grunderwerbsteuer bei Share Deals hält die Immo-

 Gastbeitrag   bilienwirtschaft  auch  weiterhin  in  Atem:  Angesichts  der  Bera-
          tungsergebnisse aus Bundestag und Bundesrat haben sich die
          Koalitionsfraktionen darauf verständigt, die Reform zu verschie-
 NEUJUSTIERUNG DER    ben. Aus Berlin ist zu vernehmen, dass die neuen Regelungen im
          ersten Halbjahr 2020 kommen sollen. In welcher Form und mit
 GRUNDERWERBSTEUER    welcher Systematik  ist zwar noch nicht sicher. Eine denkbare Va-
 BEI SHARE DEALS –    riante besteht jedoch darin, dass die bisher geplanten Änderun-

 WAS INVESTOREN WISSEN MÜSSEN  gen so oder in angepasster Form kommen werden. Nicht nur die
          Immobilienwirtschaft, sondern auch sonstige Unternehmen mit
 Von Dr. Philipp Lukas, Rechtsanwalt und    Grundstücken im Betriebsvermögen sollten sich daher bereits
 Steuerberater bei WIESE LUKAS in Hamburg  frühzeitig mit den Regelungsvorschlägen beschäftigen und be-
          stehende Strukturen überprüfen.

          Worum geht es?                                      Grunderwerbsteuerreform 2019/2020


          Grunderwerbsteuer fällt nicht nur bei der (unmittelbaren) Über-  Aber auch diese Regelung wurde zunehmend als unzureichend
          tragung eines inländischen Grundstücks, sondern auch dann an,   empfunden. Zunächst hatte daher eine von der Finanzminister-
          wenn Anteile an Personen- und Kapitalgesellschaften, in deren   konferenz ins Leben gerufene Bund-Länder-Arbeitsgruppe Vor-
          Betriebsvermögen sich inländische Grundstücke befinden, in re-  schläge  für  eine  weitere  Verschärfung  der  Grunderwerbsteuer
          levanter Höhe übertragen werden (sog. Share Deals). Nach gel-  bei Share Deals entwickelt. Nach einem Beschluss der Finanzmi-
          tendem Recht löst die Übertragung von Anteilen Grunderwerb-  nisterkonferenz wurden die Steuerabteilungsleiter des Bundesfi-
          steuer aus, wenn – bei Personengesellschaften – innerhalb von   nanzministeriums und der Länderministerien damit beauftragt,
          fünf Jahren mindestens 95 % der Gesellschaftsanteile auf neue   einen Gesetzentwurf zu erarbeiten.
          Gesellschafter übergehen oder insgesamt mindestens 95 % der
          Gesellschaftsanteile  auf  einen  Erwerber  übertragen  werden.  Die wesentlichen Eckpunkte des Entwurfs lassen
          Damit sollen gesellschaftsrechtliche Übertragungsvorgänge er- sich wie folgt zusammenfassen:
          fasst werden, die im wirtschaftlichen Ergebnis der unmittelbaren     · Die relevante Beteiligungshöhe für einen „schädlichen“ (d.h.
          Übertragung eines Grundstücks gleichkommen.
                                                                Grunderwerbsteuer  auslösenden)  Erwerb  soll  von  95  %  auf
          RETT-Blocker                                          90 % abgesenkt werden. Damit ist es nicht mehr möglich, bis
                                                                zu 94,9 % der Anteile an der Grundstücksgesellschaft grund-
          In der Praxis hatten sich Co-Investoren-Strukturen etabliert, mit   erwerbsteuerfrei  zu  erwerben.  Bislang  konnte  der  Erwerber
          denen  der  Erwerber  im  wirtschaftlichen  Ergebnis  eine  Grund-  gemeinsam mit einem Co-Investor, der mindestens 5,1 % der
          stücksgesellschaft übernehmen konnte, ohne Grunderwerbsteuer   Anteile  erwarb,  die  Grundstücksgesellschaft  grunderwerb-
          auszulösen  (sog.  „RETT-Blocker“).  Diesen  Strukturen  begegnete   steuerfrei übernehmen. Bei einer Absenkung der relevanten
          der Gesetzgeber im Jahr 2013 mit einer Regelung, die gesellschafts-  Beteiligungshöhe  auf  90  %  würden  diese  „94/6-Strukturen“
          rechtliche Erwerbsvorgänge auch dann der Grunderwerbsteuer   künftig  nur  noch  als  „89/11-Strukturen“  funktionieren.  Aller-
          unterwirft, wenn der Erwerber eine „wirtschaftliche Beteiligung“   dings – und dies ist eine wesentliche Verschärfung – kann Co-
          von  mindestens  95  %  an  der  Grundstücksgesellschaft  erlangt.     Investor  künftig  nicht  mehr  ein  „mitgebrachter“  Co-Investor,
          Seitdem  waren  RETT-Blocker-Strukturen  nur  noch  zielführend,   sondern ausschließlich der bisherige Gesellschafter sein. Dies
          wenn auch im wirtschaftlichen Ergebnis weniger als 95 % der Ge-  hängt mit der zweiten wesentlichen geplanten Gesetzesände-
          sellschaftsanteile auf den Erwerber übertragen wurden.  rung zusammen, die im Folgenden erläutert wird.


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