Page 87 - Dez2017
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Weinhändler Kössler glaubt, dass Spitzenweingüter in Zukunft zunehmend ökologisch wirtschaften werden. „In Amerika, vor allem bei den Top-Sommeliers dort, kommen sie kaum noch auf die Karten, wenn sie nicht certi ed organic sind oder glaubhaft erklären können, was sie im Weinberg tun.“
Beim Reichgraf von Kesselstatt, dem Betrieb der erkrankten Annegret Reh-Gartner, werden in diesem Jahr erstmals drei Testparzellen ökologisch bewirtschaftet. Auch Roman Niewodniczanski verwendet keinen Kunstdünger, verzichtet im Keller auf Zusatzstoffe. Er behält es sich wie Müller aber vor, synthetische Spritzmittel einzusetzen. „Auf diese Diskussion ‚bio oder nicht bio‘ lass ich mich nicht ein. Bei vielen ist Bio Marketing.“
Vor über hundert Jahren haben sich die besten Weingüter der Mosel und ihrer Seiten üsse Saar und Ruwer zu einem „Großen Ring“ zusammengeschlossen, um ihre Weine zu versteigern. An einem Freitag im September steht Max von Kunow auf einer kleinen Bühne in einem Hotel in Trier. Vor ihm 300 Leute, darunter Günther Jauch, der vor einigen Jahren das Weingut seiner Großmutter zurückkaufte, ein paar Kilometer vom Scharzhofberg entfernt. Durch die Fensterfront hat man einen Blick auf die träge dahin ießende Mosel. Darüber hängen tiefe Wolken. „Botrytis- Wetter“, sagt Müller. Es hat so viel geregnet, dass sich der Botrytis-Pilz auf den Trauben ausbreiten kann, den Müller für seine Auslesen braucht. Wenn es allerdings zu viel regnet, verschimmeln die Trauben. „Im Extremfall kann es sein, dass wir gezwungen sind, zu lesen, bevor die Trauben wirklich reif sind“, sagt Müller.
15 Güter bieten an diesem Tag ihre Weine feil. Egon Müller hat 756 Flaschen Ausleseweine von 2014 im Angebot sowie 18 Flaschen der Trockenbeerenauslese von 2003. Max von Kunow will nun testen, wie der Markt seinen „Von Hövel Scharzhofberger Koscher Wein“ von 2014 annimmt.
Frauen in weißen Blusen gehen durch die Reihen und servieren Proben. Vorne steht Max von Kunow, das Gesicht gerötet. Er bittet um Applaus für gute Ergebnisse, grüßt in dem weichen Dialekt der Gegend befreundete Winzer, hebt auf Englisch die Vorzüge der „Schörmän winemakers“ hervor.
Von seinem koscheren Wein werden 1.200 Flaschen zu 24 Euro verkauft – neun Euro über dem Mindestgebot. Müllers Ausleseweine aus
environmentally friendly using more conventional means? The consumer wants certainty. I don‘t know whether you can  nd that so easily.“
Wine merchant Kössler believes that top quality wineries will increasingly operate ecologically in the future. „In America, especially for the top sommeliers there, you‘ll barely get on the menu if you‘re not certi ed organic, or can convincingly explain what you‘re doing in the vineyard.“
At the Reichgraf von Kesselstatt, the vineyard belonging to the ill Annegret Reh-Gartner, three test plots will be managed ecologically for the  rst time this year. Roman Niewodniczanski does not use arti cial fertiliser either, and does not use any additives in the cellar. Like Müller, however, he reserves the right to use synthetic spraying agents. „I‘m not going to get involved in the discussion about ‚organic or not organic‘. A lot of it is just organic marketing.“
“Egon Müller is such a monument that he has to make
Egon Müller wines.
More than a hundred years ago, the best wineries of the Moselle and its tributaries Saar and Ruwer joined forces to form a „Great Ring“ to auction their wines. On a Friday in September, Max von Kunow stands on a small stage in a hotel in Trier. There are 300 people in front of him, including Günther Jauch ( a famous German show-host), who bought back his grandmother‘s winery a few years ago, a few kilometres from Scharzhofberg. Through the front window, there is a view of the meandering Moselle. Above it hang deep clouds. „Botrytis weather,“ says Müller. It has rained so much that the Botrytis fungus can spread across the grapes that Müller needs for his vintage. However, if it rains too much, the grapes will go mouldy. „In extreme cases, we may be forced to harvest before the grapes are really ripe,“ says Müller.
15 wineries are selling their wines on this day. Egon Müller has 756 bottles of 2014 vintage wines on offer as well as 18 bottles of the Trockenbeerenauslese 2003. Max von Kunow now wants to test how well the market will accept his „Von Hövel Scharzhofberger Kosher wine“ 2014.
Women in white blouses go through the rows and serve samples. Max von Kunow is standing at the front. His face is red. He asks for applause for good results, greets fellow winemakers in the
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