Page 19 - Leinen los 05/2025
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Kontrolle der Umgebungsluft. Bei den neuen Schiffen ist zusätzlich eine Atem- luftreserve aus Druckflaschen installiert, die es ermöglicht, bei ausgefallener Schutzluftanlage Besatzung und Schiff innerhalb 30 Minuten aus einer Gefah- renregion zu bringen. Deutlich umfang- reicher als bei den aktuellen Mehrzweck- schiffen wird das Gefahrstofflabor für die Analyse chemischer Stoffe eingerichtet. Im Fall einer Havarie kann dann sehr zeit- nah eine Schadstoffanalyse erstellt und vom Havariestab die geeigneten Maß- nahmen ergriffen werden.
Öl-Auffang-Technik
Die Mehrzweckschiffe sind wie die Vorgänger auch dafür ausgelegt, in einem Havariefall, bei dem Öl ins Was- ser gelangt, dieses von der Oberflä- che absaugen zu können. Beidseitig sind „Sweeping Arme“ angebracht, die das an der Oberfläche schwim- mende Öl zu einem Pumpensumpf mit Absaugpumpe führen. Die instal- lierte Separationsanlage im Schiffs- innern neben dem Fahrmotoren- raum ist völlig neu konzipiert. Diese Separatoren trennen das Wasser-Öl- Gemisch auf und leiten das Öl in Tanks.
Sonartechnik zur Suche nach Unterwasserhindernissen
Bei den neuen WSV-Schiffen wird erstmals ein Sonar installiert, das aus dem Rumpf ausgefahren werden kann. Mit diesem Sonar wird es möglich, Unterwasserhin- dernisse wie verlorene Container ausfin- dig zu machen.
Sanitätsausstattung
Auch an einen Behandlungsraum zur Ver- letztenversorgung wurde gedacht. Die Ausstattung ist an den Standard von land- gestützten Rettungsfahrzeugen ange- lehnt. Zusammen mit der Möglichkeit, dass Hubschrauber auf dem Schiff landen kön- nen, ist auf den neuen Schiffen die medizi- nische Komponente deutlich leistungsfä- higer als auf den aktuellen Schiffen.
Kommunikation, Datenaus- tausch, Netzwerktechnik
Auch bei diesem Thema wird modernster Standard verbaut. Insbesondere beim Ein- satz in Gefahrensituationen wird es erfor- derlich, mit Leitstellen, dem Havariekom- mando an Land oder auch mit wissen- schaftlichen Einrichtungen zu kommuni- zieren und Daten auszutauschen.
Größtes Investitionsprojekt der WSV
Harald Janssen ist Projektleiter der WSV für den Neubau der Schiffe. Er
Großaufnahme der mellum im NOK
Mensch.Schifffahrt.Meer.
Die alte neuWerk ist seit 1998 in der Nordsee bei Wind und Sturm im Einsatz. Sie wird voraussichtlich Ende 2027 von der Nachfolgerin abgelöst
fuhr als Schiffsingenieur jahrelang auf der mEllum zur See und kennt die Anforderungen an die Mehrzweck- schiffe aus eigener Erfahrung. „Erste Überlegungen zum Neubau wurden 2007 gemacht, der richtige Startschuss fiel aber erst 2015 mit der Erstellung der Bauvorschrift“, beschreibt er das bisher größte Schiffbauprojekt in der WSV. Die schwimmfähigen, lackierten Rümpfe mit eingebauten Hauptmaschi- nen, Kran, Winde und LNG-Tank wur- den und werden in Klaipeda (Litauen) bei Baltija Shipbuilding gebaut, schar- hörN und mEllum sind dort bereits fer- tiggestellt und wurden nach Lemwer- der geschleppt.
„Die scharhörN und die mEllum befin- den sich derzeit in der Endausrüstung bei Abeking & Rasmussen in Lemwer- der“, beschreibt Harald Janssen den aktuellen Stand. „Geplant ist, jeweils Ende 2025, 2026 und 2027 die neuen Schiffe an die WSV zu übergeben.“ Parallel zur Endausrüstung laufen bei der WSV und im dortigen Reederei- zentrum die Planungen für die Besat- zungsausbildung. Geplant ist eine Besatzungsstärke von 17 Personen. Diese sind, wie im heutigen Arbeits- modell auch, eine Woche an Bord und werden dann gewechselt. Die gleiche Auslegung von drei Schiffen erleich- tert die standardisierte Ausbildung. Die Personalsuche ist auch für die WSV in heutiger Zeit herausfordernd. Gebo- ten wird auf jeden Fall ein Arbeitsplatz auf einem topmodernen Schiff mit vielfältigen Einsatzaufgaben. Parallel zum Projektfortschritt hat die WSV auf ihrem YouTube-Kanal zahlreiche Filme veröffentlicht, die die Schiffe beschrei- ben und den Ausbauzustand doku- mentieren. Eine wirklich gut gemachte Öffentlichkeitsarbeit, die eine Perso- nalfindung bestimmt positiv unter- stützt. 7
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Foto: WSV/Carsten Bernot
Foto: Peter Straub