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Maria acht mal zehn Jahre
Der Alte Mann und … die Zeit !
Da stand er wieder … , dieser nicht große und nicht kleine, nicht feine und nicht
schludrig erscheinende, ziemlich ergraute Mann, mit faltenbedecktem Gesicht
und beschlagenen Brillengläsern. Hatte der nicht schon bessere Zeiten gesehen?
Ich musste es annehmen, denn Pullover, Jacke, Hose, Schuhwerk, es war wohl
alles schon lange getragen. Damit konnte er dem Nebel, dem staubigen Regen,
dem Wind und der Kälte nicht begegnen. Kalt ? , nun es war um die sechs Grad
- der Winterszeit nicht angemessen. Fast jeden Morgen stand er so da; es und er
sah aus, als wenn er sehr viel Zeit habe. Obwohl, oft fragte er mich nach der
Zeit.
Den gibt`s wirklich!
Links wie rechts trug er keine Uhr . Er schien auch nicht der Begütertste zu sein, gehörte wohl zu
dieser Schicht Menschen - Schicht, welch ein Ausdruck! Ich habe
ihn, Gott dank, nicht erfunden. - , deren sich Beck und die von der
Partei mit C vorne besonders kümmern wollen. (Landauf, landab hört
man, dass es ihnen nicht gelingt. Aber … ) All das, was er anhatte,
war vor dem Auf- und Vertragen - es war auf- und vertragen - , so zu
erkennen, nicht das Teuerste gewesen. Trotz all dem strahlte er eine
gewisse Ausgeglichenheit aus.
ER lebt noch! So kam ich, meinen Arbeitstag noch vor mir, morgens um etwa 6.45 21
Uhr - hier : dreiviertelsechs - -, es war noch picke-duster - auf ihn zu - angestrengt und schwitzend.
Leichter hätte ich es gehabt, wenn ich mein Fahrrad noch aufgepumpt hätte. Nur, ich hatte keine
Zeit dafür, hatte doch meinen Arbeitstag noch vor mir. Und dann er wieder, mitten im Schlosspark
von Ludwigslust am Kanal, mit seiner Frage: „Können Sie mir die Zeit sagen?“ Und wie oft hatte
ich ihm schon die Zeit verkündet.
„Die Zeit, die Zeit … , Zeit, die gibt es überhaupt nicht. Ich sehe doch, Sie haben keine Zeit, ich habe
keine Zeit, andere haben keine Zeit. Wo ist denn die Zeit? Wer hat
denn die Zeit? Wo ist sie denn? Zu welcher Zeit gab es denn die
Zeit? Wann hatten die Menschen Zeit, die Zeit?!“
Eigentlich antwortete ich ihm so barsch, weil ich, ja, weil ich keine
Zeit hatte. Den Arbeitstag noch vor sich, wem kann es man dann
verübeln, wenn man so gestresst nicht schon zur Morgenzeit
Zeitfragen gestellt haben will. Ich gab ihm die Zeit nicht. Er hat noch `nen längeren …,
hat er gesagt ~ am 17.09.09 !
Nun war es, diese Begegnung, zu der Zeit als die Mecklenburger Landstürme auch durch den
Schlosspark von Ludwigslust fegten, gefegt waren. Auf meiner Fahrt am Kanal vorbei, hin zur
kleinen katholischen Kirche, stadtwärts am Anfang des Parkes gelegen, lagen sie, die wie
Streichhölzer Geknickten, Dahingefegten: Oberhalb der Wurzelwerke hatte der Wind stämmigen,
dicken, vorweg recht gesund aussehenden Baumbewuchs des Parkes dahingerafft. Mein Gott, so
HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH
Deine Geschwister mit Anvertrauten