Page 260 - Asian Art December 7 to 8 2018 Lempertz (German Text)
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CHINA


            Chinesische Keramik aus der Sammlung Friedrich Otto Hasse, Bremen





















                                             Friedrich Otto Hasse (1886-1964). Portraitaufnahme. Aus: Lydia Niehoff,
                                             Chocoladige Zeitgeschichte, 125 Jahre Bremer Hachez Chokolade, Bremer-
                                             haven, 2015, S. 35
                                             图1 弗雷德里希·奥托·哈塞 (1886-1964)


            Nach einer kaufmännischen Ausbildung in Bremen und mehr-  kleine Dolchgriff aus Bronze mit Einlagen aus Türkisen (Lot
            jährigen Stationen ab 1907 in der Schweiz, in England und   743) war auf der großen China-Ausstellung im Berlin 1929
            in Argentinien trat Friedrich Otto Hasse 1911 in die damalige   ausgestellt, damals aber noch aus dem Besitz der Kölner Kunst-
            Bremer Chocolade-Fabrik Hachez & Co. ein. 1913 wurde er Teil-  handlung Dr. Becker & Alfred Newman. Kleine buddhistische
            haber, ab 1933 alleiniger Gesellschafter. Neben den Pralinen im   Bronzefiguren ergänzten diese Abteilung.
            gehobenen Segment erschuf er schon 1924 Schokoladentäfel-
            chen, die aufgrund ihrer Form als Herbstlaub „Braune Blätter“   Die erhaltenen Dokumente vermitteln den Eindruck, dass die
            genannt werden. Sie sind bis heute als Markenartikel ein   Hauptsammelzeit von 1924 bis 1929 war. Es scheint als wollte
            Synonym für die Marke „HACHEZ“. Kunstsinnig ließ Hasse   Hasse von jedem Objekttyp ein Beispiel besitzen. So gab es
            die Verpackungen von namhaften Gestaltern entwerfen. Nach   auch ein Tang-Kamel (in Familienbesitz) und eine Tang-Am-
            dem Krieg und dem Wiederaufbau des fast völlig zerstörten   phore (versteigert bei Lempertz, Köln, 2./3.6.2000, Lot 257).
            Fabrikgebäudes wurde 1949 die Schokoladenherstellung   Die archaischen Bronzen repräsentierten verschiedene Typen,
            wieder aufgenommen. 1953 zog sich Hasse aus dem aktiven   und auch bei der Keramik sehen wir Exemplare sämtlicher
            Geschäftsleben zurück.                            Song-zeitlicher Öfen (dingyao [Lot 866], junyao [Lot 869],
                                                              jianyao [Lot 870], Seladon [Lot 874] und Cizhou-Ware [Lot 871])
            Friedrich Otto Hasse galt als sachkundiger Kunstsammler. Er   bis hin zu Beispielen kaiserlichen Porzellans (Lot 867).
            besaß Gemälde von Malern seiner Generation wie Kokoschka,
            Braque, Ensor, Vlaminck und Coester. Auch war er von der in   Hasse kaufte im Berliner Auktionshandel, muss aber wohl die
            den 1920er-Jahren weitverbreiteten Mode des China-Sammelns   Objekte besichtigt haben, d. h. er könnte in Berlin auch bei
            erfasst. Ein Foto aus der Zeit um 1980 zeigt eine Teil seiner   den einschlägigen Händlern der Weimarer Zeit gekauft haben.
            Sammlung, Keramiken und Bronzen (ca. 50 Stücke) in einer   Ebenso muss er Hugo Meyl am Karolininplatz in München
            rundum verglasten Vitrine (Abb. 2), auf einem Bücherbord und   besucht haben, der Hasse die drei gekauften Schalen (tenmo-
            einem Schrank.                                    ku, junyao und Dehua) dann per Post und Einschreiben nach
                                                              Bremen schickte. Mit Dr. Becker & Alfred Newman am Wallraf-
            Ein Schwerpunkt der Sammlung war chinesische Keramik   platz 2I in Köln war Hasse ebenfalls in Kontakt und er erwarb
            aus der Song- bis Ming-Zeit. Er erwarb sie, wie aus erhaltenen   dort 1930 drei Gemälde von James Ensor.
            Rechnungen hervorgeht, in den Folgejahren bei Hugo Meyl
            1924 und auf den Cassirer & Helbing Auktionen in Berlin: auf   Seine Sammelleidenschaft spiegelt sich nicht zuletzt in seiner
            den Versteigerungen Edgar Gutmann (29.3.1928, 8 Stücke),   Bibliothek wieder. Er besaß die komplette Folge der George
            Dr. Otto Burchard (22.5.1928, 8 Stücke) und Dr. August Breuer   Eumorfopoulos Collection (1925-1928), die Bücher von R. L.
            (14./15.5.1929). Dabei bemühte er den Berliner Antiquitä-  Hobson über chinesische Keramik (1923, 1925), die Werke von
            tenhändler Adolf Bodenheim, der für ihn als Kommissionär   Osvald Sirèn über Malerei und chinesische Kunst (von 1923 bis
            tätig war.                                        1938) sowie die Luxusausgaben der Kataloge zu den Ausstel-
                                                              lungen Asiatische Kunst (Köln 1926) und Chinesische Kunst
            Auch besaß Hasse einige wenige archaische Bronzeobjekte:   (Berlin 1929) (Lot 877).
            Gefäße sowie Beschläge, Gewandhaken und Besatzstücke. Der


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