Page 39 - Pohadka - Ein Märchen in Bildern, Worten und Musik
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Track 6 (Abstieg in die Unterwelt)
               Marja und Ivan verlassen die Oberwelt und steigen in das Reich der Unterwelt hinab. Musika-
               lisch verabschieden sie sich deshalb auch von ihren charakteristischen Motiven. Nachdem die
               Instrumente ein letztes Mal ihre Motive gespielt haben, beginnt das Cello mit einer langen
               Kette aus kleinen, schnellen Noten. Diese Tonkette beschreibt den Abstieg in die Unterwelt.
               Allmählich verbreitert sich die Kette und endet in einem Triller. Der Triller klingt unheimlich
               und  weist  auf  die  Gefahren  des  unterirdischen  Reiches  hin.  Zum  Schluss  spielt  das  Cello
               viermal ein kurz abgerissenes Motiv, welches aus zwei tiefen Tönen besteht. Ist hier bereits
               der König der Unterwelt zu hören, wie er stampft und poltert?

               Track 7 (Liebesdialog)
               Die  Klänge  strahlen  und  schillern  –  es  ist  das  Reich  der  Unterwelt,  welches  die  süssesten
               Klänge, die süssesten Düfte und Farben verströmt. Berauscht von der Schönheit dieses Reichs
               schauen sich Marja und Ivan um und taumeln Hand in Hand durch die Unterwelt. Sie verlie-
               ben sich. In der Musik spiegelt sich das Verlieben der Hauptfiguren folgendermassen wieder:
               Klavier und Cello haben nicht mehr zwei unterschiedliche Motive, sondern teilen sich eines.
               Das Cello beginnt mit einem wunderbaren, innigen Gesang, welcher vom  Klavier sogleich
               imitiert wird. Die Instrumente tauschen ihre Stimmen aus, sie greifen die Melodie des anderen
               auf, führen diese kanonisch weiter. Es ist ein zärtliches Zwiegespräch der Instrumente. Doch
               das Glück der Liebenden währt nicht lange, denn es wird durch einen unheilvollen Triller im
               Cello und eine absteigende Skala im Klavier beendet.

               Track 8 (Der König der Unterwelt)
               Das Schnauben und Stampfen des bösen Königs wird durch ein rhythmisch starres, geräusch-
               haftes Motiv im Cello musikalisch beschrieben. In der Klavierstimme hingegen erklingt wie-
               derum eine melodische Linie. Allerdings scheint sie deutlich aufgeregt. Auch diese Szene ist
               vom Gegensatzpaar der melodischen Linie im Klavier und dem rhythmisch-staccatierten Mo-
               tiv im Cello geprägt. Hier spiegelt sich das Ringen zwischen dem König der Unterwelt und
               den Liebenden wieder. Nach dem „Schnauben und Stampfen“ greift das Cello ebenfalls die
               melodische Linie des Klaviers auf. Das Cello spielt die Melodie noch aufgewühlter und zwi-
               schen den beiden Instrumenten entsteht eine Art Wettstreit. Auch dieser Abschnitt wird ab-
               rupt beendet: Nun mit einer aufsteigenden Skala im Klavier. Es ist der Höhepunkt des Kon-
               flikts.

               Track 9 (Die Zauberkraft)
               Aus nur zwei Tönen besteht das repetitive Motiv des Cellos. Durch den Intervallschritt einer
               kleinen Terz (Ruf-Terz) erinnert es an den Naturlaut eines Kuckucks oder eines Vogels. Be-
               merkenswerterweise handelt es sich um das gleiche Motiv wie in Track 6 („Polter“-Motiv).
               Hier ist es jedoch in einen ganz anderen Charakter gekleidet und liegt in einer mittleren Ton-
               lage. Das Cello beginnt laut und wird immer leiser, als wolle es dem Klavier Platz machen.
               Bezogen auf den Text, kann man sich Ivan vorstellen, der beobachtet, wie die Biene (Marja)
               wegfliegt  und immer kleiner  wird. Nach einem Takt  setzt  das Klavier  ein  und spielt  noch
               einmal das Liebesmotiv (Track 7). Es verleiht dieser Stelle ein Gefühl von Geborgenheit und
               symbolisiert das Vertrauen in die Stärke ihrer Liebe. Es folgt eine wilde Verfolgungsjagt zwi-
               schen Cello und Klavier, bevor der Satz mit einem formelhaften Schluss im Cello beendet
               wird. Auch im Märchentext lassen sich viele formelhafte Wendungen finden. So würde dazu









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