Page 6 - SitzPlatzFuss GESUNDHEIT
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                                HUND UND GESUNDHEIT
 solange dies nicht zuvor angekündigt worden ist. Beim Injekti- onstraining beispielsweise wird der Hund immer mit einem verbalen „Piks“ oder jedem anderen beliebigen Wort auf den folgenden Stich vorbereitet. Der Hund wird niemals gestochen, wenn dieses Signal nicht zuvor gegeben wurde. Damit hat er auch die Möglichkeit, sich der Situation zu entziehen, falls er sich nicht bereit dazu fühlt. Stimmen Training, Vertrauen und Management überein, nimmt überraschenderweise fast kein Hund diese Rückzugsmöglichkeit in Anspruch.
Ein logisches Konzept erstellen
Ein Mitspracherecht seitens des Hundes fördert die Kooperati- on zusätzlich. Er bekommt ganz gezielt die Möglichkeit, zu einem Eingriff „Nein“ zu sagen und diesen abzulehnen. Dies macht er über das „Ich-bin-bereit“-Signal (IBB-Signal). Dieses Signal fordert ihn dazu auf, ein Kooperationsverhalten zu zeigen, welches einen Eingriff ermöglicht. Der Hund weiß, dass eine bestimmte Pflege- oder Behandlungsmaßnahme erfolgen wird, und erklärt sich über die Ausführung des IBB-Signals damit einverstanden. Warum das klappt? Weil er weiß, dass es dafür eine fürstliche Belohnung geben wird und er gleichzeitig sicher sein kann, dass die Behandlung nicht stattfinden wird, wenn er das IBB-Signal nicht ausführt.
Fühlt sich der Hund nämlich überfordert oder aus irgendeinem Grund nicht in der Lage teilzunehmen, führt er das Verhalten nicht aus oder unterbricht es und wird danach auch nicht zu der Behandlung gezwungen. Die Belohnung bleibt jedoch aus und der Trainer passt den Trainingsplan an den Hund und die Situation an.
Verschiedene IBB-Signale für unterschiedliche Eingriffe
Ein Kooperationsverhalten kann jede Verhaltensweise sein, die für den Hund einfach auch über einen längeren Zeitraum zu halten ist. Außerdem bringt sie den Hund in eine Position, die den Eingriff möglich macht. Ein besonders nützliches Koopera- tionsverhalten ist zum Beispiel das Kinntarget, bei dem der Hund sein Kinn entweder auf der Hand des Trainers oder auf einem Tuch ablegt und dort verweilen lässt. Dies ermöglicht sämtliche Untersuchungen im Kopfbereich, wie Ohren putzen, Augen eintropfen, Zähne putzen, Gesichtshaare scheren etc. Ein anderes Kooperationsverhalten, das sich bewährt hat, ist die
Kuschelposition, bei der der Hund zwischen den ausgestreckten Beinen des sitzenden Trainers auf dem Rücken liegt und so die Bauchseite präsentiert. So können Zecken entfernt, Krallen geschnitten und der Bauch gebürstet werden. Lernt der Hund mit einer Pfote auf eine Matte zu steigen, kann damit sein Vorderbein für eine Blutabnahme in die richtige Position gebracht werden. All diese Verhaltensweisen zeigen die Kooperation des Hundes und dürfen nicht ignoriert werden. Nicht vergessen – unterbricht der Hund das Verhalten, egal aus welchem Grund, wird die Behandlung unterbrochen.
Praxisbeispiel: Krallenschneiden
Der Hund bekommt das IBB-Signal „Gib Pfote“ und legt daraufhin seine Pfote in die Hand des Trainers. Der Trainer nimmt die Krallenzange in die Hand und nähert sie der Pfote an. Der Hund lässt die Pfote in der Hand und wird vom Trainer ausgiebig belohnt. Beim nächsten Schritt möchte der Trainer die Kralle des Hundes mit der Zange berühren. Der Hund fühlt sich unwohl und zieht die Pfote zurück. Er unterbricht also das Kooperationsverhalten. Der Hund wird nicht belohnt, aber auch auf keinen Fall getadelt. Er hat dem Trainer die wertvolle Information gegeben, dass er für diesen Schritt noch nicht bereit ist. Der Trainer muss evaluieren, weshalb, und seinen Trainings- plan und auch die Belohnungsrate an die Bedürfnisse des Hundes anpassen. Er macht ein paar lustige Tricks und belohnt den Hund, bis er das Gefühl hat, der ist wieder bereit für das IBB-Signal. Befolgt der Hund dieses nun, wird er besonders gut belohnt. Erst danach versucht der Trainer erneut, die Zange anzunähern, allerdings nur in einem Maß, in dem der Hund damit umgehen kann. Ein Verweilen der Pfote in der Hand wird wieder ausgiebig belohnt. Es ist hilfreich, hier leistungsbezogen zu belohnen, das heißt, je näher die Zange an der Pfote ist, umso höher ist der Wert der Belohnung.
Sorgfältig vorbereitet geht es zum Tierarzt
Erst wenn das Training in ablenkungsarmer Umgebung einwandfrei funktioniert, kann der Hund auf den Tierarzt- oder Hundefriseurbesuch vorbereitet werden. Dafür ist eine vollstän- dige und durchdachte Generalisierung nötig. Vereinfacht bedeutet dies, dass sämtliche Faktoren, die im Ernstfall eine Rolle spielen, im Trainingsplan miteingebaut werden. Der Hund
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