Page 11 - Chronik der SPD Kaufungen
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Bis zum 9. Mai 1933 hat diese SPD-Fraktion unter SA-Bewachung an den Gemeindevertre-
tersitzungen teilgenommen und ihren Mann gestanden. Als die geheime Abstimmung auf-
gehoben wurde, hat sie unter Protest die Sitzung verlassen. Die SPD wurde danach verboten.
Unsere Genossen mussten sich damals jede Woche zweimal im Bürgermeisteramt melden.
Ich nenne hier die Namen der Genossen, die bis 1933 Vorsitzende des Ortsvereins der SPD in
Oberkaufungen waren:
Ludwig Batz. Georg Williges, Fritz Jäger, Friedrich Tügel, Heinrich Winter, Heinrich Röll,
Georg Köhler.
Nach dem Verbot der sozialdemokratischen Partei wurden die Protokollbücher und sonstige
schriftliche Unterlagen in der Wohnung des damaligen Schriftführers Georg Witzel beschlag-
nahmt.
An ein besonderes Ereignis erinnert Wilhelm Binzel in unserem Gespräch im Rückblick auf
die Geschichte der SPD in Niederkaufungen. Es war eine Großdemonstration, von Mitgliedern
der SPD und dem Reichsbanner organisiert. in der sich Arbeiter aus Ober- und Niederkaufun-
gen, Heiligenrode und Nieste mit denen aus anderen Nachbarorten solidarisierten. Die Nie-
derkaufunger waren mit einer größeren Abordnung an einem Sonn tag im Frühjahr 1933
nach Heiligenrode gezogen. Dort hatte man sich mit vielen anderen Demonstranten getroffen,
um über Dahlheim noch Nieste zur Kundgebung zu ziehen. Hier sprach Georg-August Zinn,
der sich dem Reichsbanner als Mitglied angeschlossen hatte und in einer Gruppe von Kassel
aus mitmarschiert war. unterwegs gab es Verpflegung aus der Gulaschkanone. Der Demonst-
rationszug ging dann weiter noch Oberkaufungen. Neben anderen sprach hier auch der Ober-
kaufunger Bürger August Cohn.
August Cohn, Sohn eines jüdischen Handwerksmeisters, geb. 10.05. 1910 in Fulda, trat aus
der jüdischen Gemeinde aus und wurde Mitglied der „Sozialistischen Arbeiterjugend“, später
dann im „Kommunistischen Jugendverband‘‘.
Er wurde von den Nazis in späteren Jahren
wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu zwei
Jahren und zwei Monaten Haft verurteilt. An-
schließend wurde er nicht entlassen, sondern
es folgten weitere 8 Jahre Haft in Konzentra-
tionslagern. Nach seiner Befreiung kehrte
er 1945 nach Kassel zurück. 1946 wanderte
er mit seiner Frau in die USA (Staat New York}
Kirche Niederkaufungen
aus und verstarb dort im Februar 1986. (siehe „Kaufungen im Nationalsozialismus „, Kaufun-
gen 1995. August Cohns Frau stammte aus Oberkaufungen und nahm auf Einladung der Ge-
meinde an dem Festakt zur 975-Jahrfeier in 1986 und an einer Gedenkfeier für die Kaufunger
Verfolgten des Naziregimes teil.