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  SCHLAF – ERHOLUNGSPAUSE FÜR DEN KÖRPER
  Seit den ältesten Zeiten maßen Menschen den Träumen Aus- sagen über die Wirklichkeit zu, betrachteten sie als Orakel oder als verkleidetes Sinnbild von Wünschen und Vorstel- lungen. Bei Naturvölkern wie den Indianern oder den aust- ralischen Aborigines spielen Träume im spirituellen Leben eine große Rolle und werden als existentielle Botschaften gedeutet. Noch im späten Mit- telalter waren bei uns Traum- bücher weit verbreitet, welche der Wahrsagerei dienten, im Zuge der Hexenverfolgungen aber dann verboten wurden. Erst in der Aufklärung wurde dem Traum jede Sinnhaftigkeit abgesprochen. Forscher des 19. Jahrhunderts sahen in ihm nur einen zufälligen und willkür- lichen Ausdruck körperlicher Zustände.
Einen ganz neuen Ansatz bot erst Sigmund Freud, der Vater der Psychoanalyse. In seiner berühmten „Traumdeutung“ (1900) sah er den Traum als „Hüter des Schlafs“ und ent- deckte in ihm verdrängte Bewusstseinsinhalte. Indem er seine Klienten nach ihren Träumen befragte und sie selbst nach einer Deutung suchen ließ, konnte er Ängste, Tabus und Neurosen aufde- cken. In der Gestaltung der Träume sah er eine innere „Zensur“ am Werk, die die tatsächlichen Triebwünsche durch Ersatzsymbole maskiert.
Warum träumt
der Mensch? Träume – bizarr, wirr und vielfach unheimlich – beschäftigen seit Urzeiten die Fantasie der Menschen. Haben sie einen verborgenen Sinn? Wollen sie uns etwas sagen? Oder sind Träume doch nur „Schäume“, wie eine Volks- weisheit meint? Bis heute streitet die Forschung über die Funktion
des Traums.
Diese Trauminhalte zu ent- schlüsseln und sie aus dem Unbewussten ins Bewusstsein zu heben, sah Freud als wichti- gen Baustein im psychoanalyti- schen Prozess. Doch natürlich blieb auch Freud nicht ohne Widerspruch: Naturwissen- schaftlich orientierte Psycho- logen, Mediziner und Biologen kritisierten die methodischen Grundlagen der Psychoanalyse. Bemängelt wurde das Fehlen experimenteller Absicherung und wissenschaftlich nach- prüfbarer Daten.
Die Neurologen Hobson und McCarley von der Harvard-Uni- versität etwa wollten von Freud nichts wissen und sahen den Ursprung des Traums in einem zufälligen Erregungsmuster der Nervenzellen, das von der Groß- hirnrinde zu einem halbwegs zusammenhängenden Ganzen verknüpft wird. Von „Bedeu- tung“ aber keine Spur. Träu- men wir nun, um Erlebtes und innere Konflikte zu verarbei- ten, oder sind unsere Träume nichts weiter als ein chaotisches Nervengewitter? Dazu gibt es in der Forschung noch immer vollkommen gegensätzliche Ansichten.
Der Funktion des Traums kommt man nur näher, wenn man seine Stellung im Schlaf- geschehen betrachtet. Der Schlaf zeichnet sich durch eine Abfolge von Phasen verschiede- ner Schlaftiefe aus.
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