Page 49 - Geschichte des Kostüms
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Wie ein ironischer Witz der Kulturgeschichte berührt es, daß man in Ländern,
            wo man     aus  grundsätzlicher  protestantischer  Gegnerschaft   sich  zur  Blütezeit  der
            spanischen Tracht am ablehnendsten gegen       sie verhielt,  ganz am Ende dennoch     sie
            oder Einzelheiten von ihr übernommen und         sie hier am zähesten,    nämlich in der
            Amtstracht,  festgehalten  hat.  So beim Hamburger Senat;        speziell den Mühlstein-
            kragen hat auch die evangelische Geistlichkeit vom XVII. Jahrhundert ab weitum ge-
            tragen,  hier und da bis an unsere Gegenwart, und den seidenhespannten schwarzen
            spanischen Hut tragen noch     jetzt die schwedischen evangelischen Bischöfe.
                   Die spanische Tracht    als solche und ihre einzelnen Zubehöre werden durch
            anderweitige Tafeln dieses Werkes zur Veranschauhchung und Erläuterung gebracht.
            Unsere Tafel zeigt in bemerkenswerter Weise das schon        (seit  ca.  1600) eingetretene
            Aufkommen des Spitzenkragens gegenüber dem älteren Mühlsteinkragen oder der Kröse
            (vgl. Tafel 200).  Das Aufbehalten     des Hutes   auf unserer Vorlage,    resp. daß ihn
            die tanzenden Herren     in  der Hand   tragen,  hängt mit der Qualität    des Hutes   als
            eines  alten Zeichens der Freiheit und     der Herreneigenschaft zusammen — wovon
            heute  der  letzte Rest  ist,  daß  die Verbindungstudenten   ihre Mützen   in  bedeckten
            Räumen aufbehalten,     ähnlich aber auch    die Bauern und Arbeiter:      da  alle geltend
            gemachte Standessitte fortwährend nach unten hin abgenutzt und aufgebraucht wird.
            Der aufwartende Page hinter Erzherzog Albrecht. hat keinen Hut.
                    Die Architektur  der Festräume    ist eine schöne Phantasie im     Stil  der Spät-
            renaissance.   Der   Sitz  des  erzherzoglichen   Paares  ist von dem Maler nur        aus
            kompositioneilen Gründen unter dem Thronhimmel weg etwas nach vorne gerückt.
            Über den Stuhl im linken Vordergrunde vergleiche man Tafel           192.  Für die Dame
            ist des besseren Kleiderarrangements wegen ein lehnenloser Sessel gewählt.
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