Page 57 - Geschichte des Kostüms
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                                                HOLLAND


                         XVII. JAHRHUNDERT (ERSTES VIERTEL)






                    Aus dem Zusammenwirken         zweier Maler entstanden, von      denen   der  eine,
            Bartholomäus van Bässen (um i5go— 16 5 2), zugleich als Architekt tätig war, während
             der andere, Esaias van de Velde (um iSgo— i63o), sich als scharfer und vertrauens-
            werter Beobachter und Darsteller der Sitten und Trachten         seiner Zeit bewährt hat,
            kann dieses um 1625 gemalte, im Reichsmuseum zu Amsterdam              befindliche Bild  als
            ein treues Dokument der Lebensgewohnheiten des höheren Bürgerstandes           in der Zeit
            von 1620— i63o gelten.
                   Bartholomäus     van   Bässen,   der  Erfinder und    Maler   der  prächtigen Saal-
            architektur, zeigt  sich darin  als Vertreter der holländischen Spätrenaissance,   die ihre
            Vorbilder  in Italien gesucht, aber in ihrer Nachbildung itaUenischer Prunkräume den
            schwerfälligen Sinn der Nordländer nicht verleugnet      hat.   Der Kamin    an der einen
            Schmalwand, dessen marmorner Aufsalz bis zu der schweren Kassettendecke empor-
            steigt, und  ein Büffet an der    rechten Wand     bilden  die  Hauptstücke   der inneren
            Ausstattung, die in scharfem Gegensatz zu der Behaglichkeit der modernen Wohnung
            steht.  Obwohl Fußteppiche sehr allgemein       in Gebrauch waren, war es nicht       Shte,
            Estriche, die mit Stein oder Marmorfiiesen in mehr oder weniger kunstvollen Mustern
            bekleidet waren, damit    zu   belegen.   Während    das   BufFet,  die  Türen  und Tür-
            einfassungen noch völlig unter dem Einfluß der Architektur stehen,        läßt sich  in den
            Sitzmöbeln bereits der Übergang zu dem eigentlichen Schreinerstil erkennen.
                                                 ist eine Gesellschaft von Herren und Damen um
                   An der Fensterwand links
            einen Tisch beim Mahle versammelt; im Vordergrunde sitzen zwei Herren und zwei
            Damen auf niedrigen     Sesseln. Die Damen singen, von einem der Herren auf einem
            Musikinstrument beglehet, während der andere Herr den Takt schlägt. Neben ihnen
            steht ein Kühlgefäß mit Weinflaschen,       aus  denen   ein  Diener   eine Kanne     füllt.
            Dieses   messingene   oder kupferne Kühlgefäß      pflegte  bei  keinem   niederländischen
            Schmaus   in besseren Häusern zu fehlen.     Den Haustieren, zu denen in Holland auch
            die Affen gehörten,    die  seit dem  16. Jahrhundert auf dem Seeweg       zahlreich  ein-
            geführt wurden,    ist wie überall  auch   hier  freier Zutritt  verstattet. Hunde wurden
            selbst  in Kirchen geduldet.
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