Page 22 - Das BLUT Teil 1
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      3.2 Der Rhesusfaktor                            ten transfundiert, der dieses Antigen nicht besitzt
      Bei Bluttransfusionen genügt es nicht, die Blut-  (= Rhesusfaktor «negativ»), so produziert dessen
      gruppe des AB0-Systems zu kennen, sondern es    Körper Antikörper gegen den Rhesusfaktor. Diese
      muss auch noch auf andere Merkmale geachtet     Antikörper greifen die Erythrozyten an und vernich-
      werden. Ein solcher Faktor ist der Rhesusfaktor.   ten sie.
      Mit dem Begriff Rhesusfaktor bezeichnet man     Ist das Antigen auf den Erythrozyten
      ein erbliches Blutgruppenmerkmal, das von Karl   vorhanden, so sagt man, die Person   Kennst du deinen
      Landsteiner und Alexander Wiener im Jahre 1940   sei rhesus-positiv, andernfalls rhe-  Rhesusfaktor?
      am Rhesusaffen entdeckt wurde. Dieses Merkmal   sus-negativ. Der Rhesusfaktor wird an
      ist ein weiteres wichtiges Antigen der Oberfläche   die Blutgruppe angefügt, zum Beispiel:
     Nenne vier Organe,   von Erythrozyten. Werden    Herr Müller hat die Blutgruppe «A positiv». Das
     die transplantiert   Erythrozyten mit positivem   bedeutet, er hat die Blutgruppe A, und der Rhesus-
     werden können.    Rhesusfaktor an einen Patien-  faktor ist vorhanden.






                                                                                              Was muss man bei einer
                                                                                              rhesus-negativen Frau
                                                                                              in der Schwangerschaft
                                                                                              beachten?

                       Der Rhesusfaktor                               Blut spät, sodass die
                       Als Rhesusfaktor wird das Rhesus-Antigen D     Gefahr für das Kind
                       bezeichnet. Rund 85 % der Europäerinnen und    gering ist. Bei einer er-
                       Europäer sind rhesus-positiv (Rh+), die übri-  neuten inkompatiblen Schwangerschaft (Mutter
                       gen 15 % sind rhesus-negativ (Rh–). Bei einer   rhesus-negativ, Fötus rhesus-positiv) erfolgt die
                                  Blutübertragung muss darauf geach-  Reaktion sehr viel schneller, da der Organismus
      Was würde geschehen, wenn   tet werden, dass einem rhesus-ne-   der Mutter die Reaktionen der ersten Schwan-
      einem rhesus-positiven Emp-  gativen Empfänger kein rhesus-po-  gerschaft nicht vergessen hat (Gedächtniszellen).
      fänger rhesus-negatives Blut   sitives Blut transfundiert wird. Der   Die Antikörperkonzentration nimmt rasch zu. Die
      gegeben würde?              Empfänger, der das Antigen D nicht   Antikörper gelangen über das Nabelschnurblut
                                  hat, würde Antikörper ausbilden, was   in grosser Zahl zum Embryo und attackieren
                                  bei einer weiteren rhesus-positiven   dessen Erythrozyten. Für das Kind besteht eine
                                  Transfusion zu einer gefährlichen   akute, anämiebedingte Lebensgefahr (Zerstö-
                       Reaktion führen kann. Rhesusfaktor von Spender   rung der Erythrozyten).
                       und Empfänger müssen also wie die Blutgruppe
                       aufeinander abgestimmt sein.                   Seit 2005 gibt es in der Schweiz eine klare Re-
                                                                      gelung, um dieser Gefahr vorzubeugen: Schwan-
                       Schwangerschaft                                gere Frauen, die rhesus-negativ sind, erhalten in
                       Der Rhesusfaktor muss auch während einer       der Regel zwischen der 28. und 30. Schwanger-
                       Schwangerschaft bestimmt werden. Ist ein       schaftswoche ein Anti D-Immunglobulin ge-
                       Fötus rhesus-positiv, die Mutter aber rhe-     spritzt, auch «Anti-D-Prophylaxe» genannt. Nach
                       sus-negativ, kann dies zu Komplikationen       der Geburt eines rhesus-positiven Kindes erhält
                       führen.                                        die Mutter erneut eine Dosis Anti-D-Immun-
                       Gegen Ende der Schwangerschaft und bei der     globulin. Anti-D-Immunglobuline veranlassen
                       Geburt kommt es häufig dazu, dass über die     die Entfernung von kindlichen roten Blutkörper-
                       Plazenta kleinste Mengen Blut des Föten in den   chen mit dem Merkmal D, bevor die Zellen das
                       mütterlichen Blutkreislauf gelangen. Bei der   Immunsystem der Mutter aktivieren können,
                       ersten Schwangerschaft erfolgt die Abwehrre-   falls sie während der Geburt in den Kreislauf der
                       aktion des mütterlichen gegen das embryonale   Mutter gelangen.
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