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ge Ereignisse leisten sollte. Dieser wurde aber nicht beschlos-
sen. Das sogenannte Santiago-Netzwerk, in dem Massnahmen
im Fall von Verlusten und Schäden koordiniert werden, erhält
aber Gelder, um zumindest die Planung von Wiederaufbau-
massnahmen zu finanzieren. Der eigentliche Wiederaufbau
muss allerdings weiterhin von den betroffenen Ländern selbst
gestemmt werden.
SCHNELLE TREIBHAUSGASSENKUNG HAT PRIORITÄT
Im Endspurt von Glasgow stand die Kohle im Mittelpunkt.
Hier sah der erste Entwurf der Abschlusserklärung einen Auf-
ruf an die Staatengemeinschaft vor, aus der Kohleverstromung 100 Staaten wollen die Waldabholzung bis 2030 stoppen
auszusteigen, und zwar unter Nennung eines Zieljahres. Diese
Formulierung wurde auf Druck einiger Länder – vor allem
seitens China und Indien – bis zur letzten Minute immer wei-
ter abgeschwächt. In der endgültigen Fassung findet sich nun
nur noch der Aufruf, die sogenannte „unverminderte“ Koh-
leverstromung herunterzufahren – womit eine Hintertür für
Kraftwerke offen bleibt, CO2 aus ihren Abgasen abzuschei-
den.
An dieser Formulierung gab es weltweit heftige Kritik, nebst
leiseren, lobenden Worten. Immerhin gibt es zum ersten Mal
in der Geschichte der Weltklimakonferenzen in einer Ab-
schlusserklärung eine von allen Staaten akzeptierte Einigung
auf eine beschleunigte globale Energiewende: «Weg von Koh-
le». Problem: Immer mehr riesige Waldbrände rund um den Globus
HOFFNUNG?
Es wird sich erst in den nächsten Jahren zeigen, ob die Welt-
gemeinschaft mit ihren einzelnen 200 Staaten und ebenso vie-
len Einzelinteressen die Emissionen effizient und kurzfristig
senken werden, um die globale Erwärmung möglichst nicht
über 1,5 Grad steigen zu lassen. UN-Chef António Guterres
mahnte zu einer Dekade der Umsetzung von Klimabeschlüs-
sen: „Die Wissenschaft sagt uns, dass die absolute Priorität
bei einer schnellen Emissionsreduzierung in diesem Jahrzehnt
liegen muss.“
Der Klimapakt von Glasgow ist auf den ersten Blick gesehen
nicht glamourös, wie der von 2015 in Paris. Bei den tech-
nischen Details und Ergänzungen zum Pariser Abkommens Ziele: CO2-Emmissionen weltweit rasch senken, 1,5-Grad als
haben die Länder in Glasgow allerdings Wichtiges entschie- maximale Erderwärmung gegenüber vorindustrieller Situation
den. Endlich hat sich die Welt ein Regelwerk für die weltwei-
te Überwachung von klimaschädlichen Emissionen gegeben.
Nun kann man messen, welche Fortschritte durch die Mass-
nahmen in den einzelnen Ländern im Klimaschutz erreicht
werden.
DIE WIRKLICHE ARBEIT BEGINNT ERST JETZT
Noch ist nichts gewonnen, immer noch pusten die Industrien
und viele andere Emissionsquellen viel CO₂ in die Luft, auch
das 1,5-Grad-Ziel ist längst nicht sichergestellt, möglicherwei-
se wird es verfehlt; 1.7, gar 2 Grad – mit harten Folgen. Viel-
leicht war Glasgow ein Weckruf! Es ist nur zu hoffen, das die
neuen Regeln und Versprechen von Glasgow genug Resonanz
haben werden, um Unternehmen, Anleger und Politiker auf
die Transformation in eine postfossile Welt einzustimmen. Eisschmelze der Eispanzer an Land am Südpol, in Grönland
und bei den grossen Gletschern und dadurch Anstieg des
Meeresspiegels
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