Page 44 - protect-it_Ausgabe_62_2021/22
P. 44
GEFAHR IN DER SUBSAHELZONE
RUBRIK
Darauf reagierte Kaboré anfangs Dezember, allerdings nicht den Staat mit seinen zahlenmässig bescheidenen Militär-
wie gefordert. Kurzerhand entliess der Präsident seinen Minis- kräften, der Gendarmerie und Polizei nur wenig Widerstand
terpräsidenten Christophe Marie Joseph Dabiré, der zuvor zu leisten vermag. Es ist die grösste Sicherheitskrise seit der
sein Rücktrittsgesuch eingereicht hatte – ob auf Drängen des Unabhängigkeit 1960.
Präsidenten, ist allerdings unklar. Durch den Schritt wurde in Vordringlichstes Ziel der Terrormilizen sind die Goldminen
Burkina Faso automatisch auch die Regierung aufgelöst. Zwei des Landes, was die Finanzierung der Dschihadisten sichern
Tage später hat nun Staatschef Kaboré per Dekret einen neu- könnte.
en Ministerpräsidenten ernannt. Es handelt sich um Lassina
Zerbo, den ehemaligen Generalsekretär der Organisation des KRASSE ENTWICKLUNG
Vertrags über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen Seit 2016 sind durch den Terror nur in Burkina Faso mehr
(CTBTO). als 2 100 Menschen ums Leben gekommen. Allein zwischen
Juli und September dieses Jahres starben 285 Personen. Mehr
ANGST HERRSCHT IN BURKINA FASO als 1,4 Millionen Menschen sind auf der Flucht, knapp 2 700
In Burkina Faso nimmt die Gewalt laufend zu. Besonders Schulen geschlossen, weit über 300 000 Kinder und Jugend-
aggressiv stossen Dschihadisten-Milizen im Südosten des liche erhalten keinen Unterricht mehr. Laut UNHCR spielt
Landes unweit der Grenze von Benin und Togo, rund um sich in Burkina Faso die am schnellsten wachsende humanitä-
die Ortschaft Nadiagou vor. Die aus Mali stammende re Krise der Welt ab. 1,2 Millionen Binnenflüchtlinge wurden
«Gruppe für die Unterstützung des Islams und der Muslime» bereits vertrieben.
(JNIM) hat es geschafft, erste Orte unter ihre Kontrolle zu
bringen. Die Bevölkerung der Region ist wie gelähmt, wer
kann – vor allem Männer, darunter die Dorfchefs, Lehrer, Binnenflüchtlinge fliehen vor Terroristen
Heiler, religiöse Führer, Sheikhs und Imame, denen die
Erschiessung droht – flieht, Schulen, Läden, Märkte und
Kirchen sind geschlossen. «Die Dschihadisten kontrollieren
das Dorf», sagt ein Einwohner, der sich in die Hauptstadt
Ouagadougou gerettet hat, weiterhin aber mit Verwandten
in Kontakt steht, «nur noch Frauen, Kinder und alte Leute
sind da.»
Beinahe ungehindert können sich die Terrormilizen in den
Grenzregionen des Landes ausbreiten. JNIM hat bisher im
Norden und Nordwesten Anschläge verübt, während der
«Islamische Staat in der grösseren Sahara» (EIGS) vor allem
im Osten und in der Grenzregion des Nachbarlandes Niger
aktiv ist. Es ist ein eigentlicher asymmetrischer Krieg, gegen
44 | www.protect-it.ch