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Mit dem LNG- Terminal in Brunsbüttel werden wir knapp
zehn Prozent des bisheri- gen deutschen Erdgas-
verbrauchs decken.
Felix Freitag, KfW-Experte für strategische Beteiligungen
und der niederländische Gasnetzbetreiber Gasunie
mit 40 Prozent. Zur Rollenverteilung sagt Kleemiß: „Gasunie war schon von Beginn an dabei, ist maßgeb- lich an der Entwicklung beteiligt und soll schließlich
auch Betreiberin des LNG-Terminals werden.“
Wie kommt das LNG in unser Gasnetz?
Geplant ist ein Terminal mit zwei Anlegestellen, den sogenannten Jettys (siehe Illustration auf S. 10): Dort kommen die LNG Carrier an, mit Flüssigerdgas aus Ex- portländern wie Katar, den USA, Nigeria oder Algerien.
An Jetty 1 können die großen Q-Max-Tanker in circa 20 Stunden abgefertigt werden, Jetty 2 ist für klei- nere Bunkerschiffe vorgesehen. Flüssig gelangt das LNG über Pipelines zu den zwei Tanks, die jeweils 165.000 Kubikmeter LNG zwischenlagern können. Von dort wird das LNG weiterverteilt.
Ein Teil tritt seine Weiterreise flüssig per Bun- kerschiff, Tankwagen oder Eisenbahnkesselwagen an: zu Tankstellen für LNG-betriebene LKW oder zur Betankung von Schiffen in deutschen Häfen. Der andere Teil wird regasifiziert, also erwärmt und verdichtet. Dafür kann industrielle Abwärme genutzt werden. Anschließend wird das Gas über eine rund 65 Kilometer lange Pipeline in das deutsche Fern- leitungsnetz eingespeist.
Rasanter Aufbau einer LNG-Infrastruktur
Spätestens im Jahr 2026 soll das Terminal in Brunsbüttel betriebsbereit sein. Auf dem Weg dorthin werde natürlich ein Genehmigungsfahrplan befolgt, so Dr. Michael Kleemiß „Insgesamt müssen drei un- terschiedliche Genehmigungen eingeholt werden: durch uns für die Hafenanlagen und das Terminal, zudem für die Pipeline zum Gasnetz durch deren Betreiber.“ Das Projekt erfährt nun Rückenwind aus der Politik. Mit einer Gesetzesänderung hat der schleswig-holsteinische Landtag ermöglicht, dass das Terminal auch dann weitergebaut werden kann, wenn Gerichte erst noch über mögliche Klagen entscheiden müssen. Und dass diese eingehen werden, ist mehr als wahrscheinlich.
LNG
LNG
Mehrere Umweltverbände kritisieren das Vorhaben. Sie hinterfragen die Großinvestition in den fossilen Energieträger und halten den Standort für ungeeig- net, nicht nur wegen des angrenzenden Chemieparks. In direkter Nähe befinden sich eine Sondermüllver- brennungsanlage und das stillgelegte Atomkraftwerk Brunsbüttel mit Zwischenlager für radioaktive Abfälle. Laut geltendem Bebauungsplan wäre die Ansiedlung eines weiteren sogenannten Störfallbetriebs verboten.
Doch selbst wenn Genehmigung und Bau in Bruns- büttel und im niedersächsischen Stade, dem zweiten geplanten Onshore-Standort für ein deutsches LNG-Ter- minal, beschleunigt würden: Eine Versorgungssicherheit für den kommenden Winter bietet das nicht. Deshalb hat die Bundesregierung als schnelle Lösung jetzt vier schwimmende Terminals gechartert. Wie unsere Illus- tration auf Seite 11 zeigt, geschieht hier grundsätzlich dasselbe wie an Land: LNG kommt mit Tankern, wird gespeichert und flüssig per Schiff oder regasifiziert per Pipeline weiterverteilt. Dafür stellt die Bundesregierung knapp drei Milliarden Euro zur Verfügung.
In Wilhelmshaven haben die Bauarbeiten dafür bereits begonnen. Den Rammschlag, vergleichbar mit dem Spatenstich zu Lande, für den Anleger des Flüs- siggas-Terminals, verfolgte Wirtschaftsminister Robert Habeck von einem Schiff aus: „Wir haben eine gute Chance, das zu schaffen, was eigentlich in Deutschland unmöglich ist: innerhalb von etwa zehn Monaten ein LNG-Terminal zu errichten und es an die deutsche Gasversorgung anzuschließen.“
In Zukunft fossilfrei
Spätestens bis 2045 will Deutschland sein Ener- giesystem auf regenerative Quellen umstellen. Dann ist Schluss mit fossilen Brennstoffen. In Brunsbüt- tel, Wilhelmshaven und Stade sieht man das sogar als Chance. Denn die Anlagen können LNG fossiler Herkunft genauso regasifizieren wie Bio-LNG aus or- ganischen Reststoffen und synthetisches LNG, das in Power-to-Gas-Anlagen mit Ökostrom gewonnen wird. „Ob aus Biomasse, per Elektrolyse oder fossil: Der Hauptbestandteil ist immer Methan“, erklärt Toni Reinholz die Zusammensetzung des Energieträgers. Reinholz ist Experte für erneuerbare Energien bei der Deutschen Energie-Agentur (dena) und hält die deut- schen Terminals für zwingend notwendig: „Wir werden in naher Zukunft weiterhin sehr viel Gas brauchen.“
Kurz- und mittelfristig würden noch methanba- sierte Energieträger dominieren, prognostiziert der Experte. Langfristig sei damit zu rechnen, dass grü- ner Wasserstoff und dessen Derivate LNG verdrän- gen. Deshalb plant man die Anlagen in Brunsbüttel, Wilhelmshaven und Stade schon jetzt so, dass sie auch für den Import von grünem Wasserstoff und dessen Derivaten umgerüstet werden können.
besteht hauptsächlich aus Methan. Um es zu verflüssigen, wird Erdgas gereinigt und auf minus 162 Grad Celsius abgekühlt.
LPG
LPG
ist als Autogas bekannt. Es besteht hauptsächlich aus Propan oder Butan. Es entsteht bei der Öl- und Gasförderung sowie der Weiterver- arbeitung. Flüssig wird es unter Druck bei Raumtemperatur.
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