Page 17 - KfW Stories 01-22
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  Auf gut 900 Metern Höhe im süd- norwegischen Granitmassiv hält der Svartevatn-Staudamm gewal-
tige Wassermassen. Auf den ersten Blick liegen die 1,4 Milliarden Kubikmeter ru- hig und glatt hinter dem spektakulären Bauwerk, das aus mehr Steinen errich- tet worden sein soll als die ägyptische Cheops-Pyramide. Beim näheren Hinsehen jedoch ist an einer Stelle in der Nähe des Ufers ein Sog zu erkennen, unter dem das Wasser in die Tiefe rauscht. Das ist der Beginn einer über 75 Kilometer langen und über 850 Höhenmeter reichenden Kaskadenreihe aus Reservoirs, die durch unterirdische Pipelines verbunden sind. Das Ziel dieses Netzwerks: das Sira-Kvina- Kraftwerk in der Gemeinde Tonstad.
Die Anlage, Ende der Sechzigerjahre tief in den Fels gehauen und nach und nach mit vier Turbinen ausgerüstet, hat mit 3,9 Milliarden Kilowattstunden pro Jahr den größten Output an Wasserkraft in ganz Norwegen. Hier wird grüner Strom erzeugt, der seit über einem Jahr auch ins deutsche Stromnetz fließt. Um den Trans- port von gewaltigen 1.400 Megawatt – da- mit können mehr als 3,6 Millionen Haus- halte versorgt werden – durchs Meer bis nach Norddeutschland zu gewährleisten, wurde wenige Hundert Meter oberhalb des Wasserkraftwerks auf einer Gebirgsebene ein neues Umspannwerk errichtet. Es ist Teil eines der wichtigsten Stromdrehkreu- ze Europas. Von dort wird aus Wasserkraft gewonnene Energie bereits seit Jahren nach England, nach Dänemark oder in die
Querschnitt: Im Innern des 13 Zentimeter dicken NordLink-Kabels der Kupferkern, darum herum die Isolierung mit einer breiten Schicht Ölpapier. Es folgen weitere Lagen aus Kunststoffen und Stahldrähten.
Niederlande geschickt. Im Frühjahr 2021 wurde auch die bisher größte Leitung fer- tiggestellt: NordLink, das „grüne“ Kabel zwischen Norwegen und Deutschland.
Zur Finanzierung des knapp zwei Mil- liarden Euro schweren Herkulesprojekts, mit dem die Norweger Strom aus Wasser- kraft nach Deutschland und die Deutschen Strom aus Windkraft nach Norwegen schi- cken können, ist die KfW, vertreten von der KfW IPEX-Bank, als Investor im Verbund mit den beiden anderen Projektpartnern TenneT und Statnett mit eingestiegen.
„Die Beteiligung der KfW ist ein klares Bekenntnis zum Klima- und Umwelt- schutz – mit dem durch das Kabel mög- lichen Tausch von Elektrizität aus Wind- und Wasserkraft schaffen wir Versor- gungssicherheit und erhöhen den Anteil erneuerbarer Energien im Strommix. Wir sind stolz, dabei zu sein und NordLink von der Planung bis zur Inbetriebnahme be- gleitet zu haben“, sagt Velibor Marjanovic, Mitglied der Geschäftsführung der KfW IPEX-Bank. Vor rund einem Jahr wurde NordLink im Beisein der damaligen Kanz- lerin Angela Merkel und der damaligen norwegischen Ministerpräsidentin Erna Solberg offziell in Betrieb genommen.
Angestoßen wurde es vor etwa elf Jahren. „Damals hatten wir hier in Norwegen eine kritische Situation“, sagt Stein Håvard Auno, der damalige Projektleiter für NordLink
beim staatlichen Netzbetreiber Statnett. „Es hatte im Herbst kaum Niederschlag gegeben, im Winter waren die Stauseen
fast leer. Wir mussten Kohle- und Atom- strom importieren, wodurch die Energie- preise nach oben gingen. Für Norwegen ist NordLink also mit Blick auf die Ener- giesicherheit wichtig. Auch in trockenen Jahreszeiten können wir so unsere Strom- preise stabil halten. Und da NordLink ein grünes Kabel ist, werden wir gleichzeitig in unserem Strommix nachhaltiger. Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag für die Energiewende in Europa.“
Versorgungssicherheit, stabile Preise, Beschleunigung der Energiewende – der Dreiklang gilt auch am anderen Ende des 623 Kilometer langen Doppels aus Pluspol- und Minuspolkabel. Das Pen- dant zum Umspannwerk in Tonstad liegt im schleswig-holsteinischen Nortorf bei Wilster. Von ABB hergestellte Konverter,
1
3 Tonstad 2
Grünes Kabel“ 623 km 4
Gesamtlänge
Nordsee
Svartevatn-Staudam m
NORWEGEN
   Tonstad Umspannwer k
DÄNEMARK
Büsum 5 DEUTSCHLAN D
         6
7 Lehrte
Wilster
     STATIONEN DER NORDLINK-REISE
1 Svartevatn-Staudamm Beginn der Wasserkaskaden oberhalb von Tonstad
2 Sira-Kvina-Wasserkraftwerk in Tonstadt erzeugt die Energien für NordLink.
3 Umspannwerk und Konverter in Tonstad und Startpunkt des Kabels
4 Das Spezialschiff NKT Victoria, beladen im schwedischen Karls- krona, verlegte den deutschen Kabelteil.
5 Büsum: Hier wurde das anlan- dende NordLink-Kabel unter dem Deich hindurchgeführt.
6 Nortorf in der Wilstermarsch ist Standort für den Konverter und das Umspannwerk am Endpunkt des Kabels.
7 Lehrte: Von dort wird das deut- sche Stromnetz überwacht.
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