Page 24 - Nordkurier (+10.01.2017)
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Seite 24 Lokales Dienstag, 10. Januar 2017
Für seine Bienen scheute Fallada keine Kosten
Von Félice Gritti meter gepasst, sogar noch in
die Kerben, die Fallada seiner-
Hans Fallada war zeit gesetzt hat.“ Mittlerwei-
leidenschaftlicher Imker. le leuchten sogar die Klap-
Nun wurde sein pen der heutigen Kästen in
Bienenhäuschen in Carwitz den gleichen Farben wie die
fertig saniert, bis ins letzte Klappen der damaligen. „Die
Detail ist der Originalzustand haben Experten anhand von
wiederhergestellt – und alten Schwarzweiß-Fotos be-
dafür wurden keine Mühen stimmt“, sagt der Museums-
gescheut. leiter. „Das war gar nicht so
einfach.“ Die originalgetreue
CARWITZ. An Bienen denkt Museumsleiter Stefan Knüppel Nachbildung von Falladas
bei diesem Wetter niemand. Zuhause ist Stefan Knüppel
Beharrlich fällt der Regen mehr schlecht als recht. wichtig: „Wir wollen genau
vom grauen Himmel, Ste- „Über die Jahre ist es bau- zeigen, wie er gelebt und
fan Knüppel stapft über die fällig geworden“, sagt Stefan gewirkt hat“, sagt er. „Wir
Wiese hinter dem Haus Hans Knüppel. Die Idee, das Haus wollen zeigen, was ein Buch
Falladas in Carwitz. Auf dem zu sanieren, bestehe bereits nicht unbedingt zeigen kann:
matschigen Boden tauen eini- seit mehr als zehn Jahren. Die den Menschen dahinter.“
ge Schneekristalle einsam vor nötigen 10 000 Euro kamen
sich hin. „Hier ist es“, sagt jedoch erst jetzt zusammen. Von den alten Bäumen
der Leiter des Hans-Fallada- „Über die vergangenen Jahre stehen nicht mehr alle
Museums und deutet auf ein haben wir die Museumsgäste Weitere Baumaßnahmen
kleines Fachwerkhäuschen, um Spenden gebeten“, so Ste- stehen in diesem Jahr nicht
durch die kahlen Bäume da- fan Knüppel. Hinzu gekom- an. „Mehrere Jahre lang ha-
hinter blinzelt ein Ausläufer men seien Mittel aus dem ben wir ausgebaut und um-
des Carwitzer Sees. „Das Bie- Leader-Förderprogramm. gebaut, rekonstruiert und
nenhaus.“ Nun endlich, sagt „Und natürlich Eigenmittel.“ erweitert“, erzählt der Mu-
Stefan Knüppel, sei es wieder seumsleiter. „Irgendwann
in seinem Originalzustand: Halbe Sachen machte muss man mal auf die be-
„Wir haben es denkmal- der Schriftsteller nicht stehende Bausubstanz gu-
gerecht saniert.“ Die Bienen, erzählt Stefan cken.“ Und um die Zuwächse
Die Sanierung hat etwa Knüppel, habe Fallada sich im Fallada’schen Garten, um
drei Monate gedauert, kurz zunächst notgedrungen ange- die muss man sich wohl auch
vor Weihnachten wurde sie schafft. „Er hatte 70 Obstbäu- kümmern: „Anfang 2016 ha-
abgeschlossen. „Die Denk- me gepflanzt, aber in Carwitz ben wir Falladas Obstbäume
malpfleger haben sich wirk- gab es dafür gar nicht genug Falladas Bienenhäuschen in Carwitz: Viel zu groß und viel zu teuer sei es gewesen, sagt nachgepflanzt“, sagt Stefan
lich Mühe gegeben“, sagt der Bienenvölker.“ Mittlerweile Museumsleiter Stefan Knüppel. Fallada aber geizte nicht. FOTOS (2): FÉLICE GRITTI Knüppel und deutet auf die
Museumsleiter. Die Eheleute sitzt der Museumsleiter in hügelige Wiese hinter der al-
Wagner aus Rubenow bei seinem Büro unterm Dach geben war er eifrig, halbe Sa- len Briefen beziehe er sich Falladas originale Bienen- ten Scheune.
Friedland, beide Restaurato- in Falladas einstigem Wohn- chen hat er nicht gemacht.“ darauf, so Stefan Knüppel, kästen existieren zwar nicht Von Falladas alten, schon
ren, setzten das Häuschen haus, die Bücherregale rei- Das ist auch an den soge- ebenso in „Heute bei uns mehr, für die Sanierung aber sehr knorrigen Bäumen ste-
wieder instand. Dabei ent- chen bis unter die niedrige nannten Beuten zu sehen, an zu Haus“, seinen Carwitz- wurde genau das gleiche hen längst nicht mehr alle,
deckten sie auch die Original- Decke, auf dem Schreibtisch den Bienenkästen im Häus- Erinnerungen. Modell nachgekauft. Bereits neben den verbliebenen aber
farben unter den Schichten steht eine volle Aktenablage. chen. „Die waren damals „Er hat sich Literatur vor Jahren machte Stefan ragen nun viele junge, ein-
der Jahrzehnte, so sind bei- „Hier hat Fallada ‚Wolf unter ziemlich teuer und angesagt schicken lassen und sich be- Knüppel sich auf die Suche gezäunte Bäumchen empor.
spielsweise die Fugen nun Wölfen’ geschrieben“, sagt und aus Falladas Sicht et- lesen – er wollte das richtig nach den „Wolfenbütteler „Demnächst sollen auch
wieder ockerfarben wie zu Stefan Knüppel mit einem was Besonderes“, sagt Ste- machen.“ Eine bedeutende Kuntzsch-Zwillingen“ und wieder Bienen angesiedelt
Falladas Zeiten. Grinsen. „Unten war es zu fan Knüppel über die Kästen Einnahmequelle sei das Im- inserierte in einer Imkerei- werden“, hofft der Museums-
Ende der 30er-Jahre ließ laut.“ Nachdem der Schrift- mit dem klangvollen Namen kern für Fallada zwar nie Fachzeitschrift. Fünf Kästen leiter. Und fügt hinzu: „Aber
der Schriftsteller das Bienen- steller sich die Bienenvölker „Wolfenbütteler Kuntzsch- gewesen, im Krieg habe er bekam er schließlich aus nicht im Bienenhäuschen.
haus bauen. Zu DDR-Zeiten angeschafft hatte, baute er Zwilling“. „Heute würde man dennoch davon profitiert: Dresden, einen aus der Re- Die Gäste sollen ja noch
wurde es bereits einmal ihnen das massive Häuschen. so wohl nicht mehr imkern.“ „Honig war eine attraktive gion. „Alle aus Falladas Zeit“, reingehen können.“
restauriert, unter anderem „Eigentlich viel zu groß und Der Schriftsteller aber hatte Tauschware und man hatte sagt er. Das habe sich spätes-
für Dreharbeiten der Defa in viel zu teuer“, sagt der Fal- im Imkern eine kleine Lei- immer etwas, das man der tens beim Einbau gezeigt: Kontakt zum Autor
den 80er-Jahren – allerdings lada-Experte. „Aber im Aus- denschaft gefunden: In vie- Familie schicken konnte.“ „Die haben auf den Zenti- f.gritti@nordkurier.de
Fast 500 Vortrags-Schätze
zu Schliemann ausgegraben
Von Monika Jacobs Chemnitz (Sachsen) vor, der anreist. Neben Themen zur
diese dem Museum im Vor- Altertumswissenschaft und
Einen Rückblick über die jahr als Dauerleihgabe kos- zur Geschichte Griechen-
Sonntagsvorträge in den tenlos zur Verfügung stell- lands geht Witte dabei auch
vergangenen 14 Jahren wird te”, kommt Reinhard Witte auf Spezielles zu Heinrich
es im August im Schliemann- auf die Sonderschau „Troja Schliemanns Leben ein. Für
Museum geben. Damit endet — Homer — Schliemann” zu das Thema „Schliemann
diese Veranstaltungsreihe sprechen, die bis September und die Frauen” interessier-
aber voraussichtlich. in Ankershagen bleiben wird. ten sich 100 Besucher, auch
Mit dem 23. Juli gibt es auch Humoriges zum mecklen-
ANKERSHAGEN. Jetzt ist es of- schon einen festen Termin für burgischen Archäologen kam
fiziell. Reinhard Witte ver- das dritte Griechische Fest. gut an.
abschiedet sich Ende August Fortgesetzt werden auch Dass sich von Schliemann
altersbedingt vom Heinrich- die Sonntagsvorträge, die sogar ein musikalisches Por-
Schliemann-Museum An- seit Mai 2003 monatlich vom trät zeichnen lässt, auch das
kershagen. Doch bis dahin Museumsleiter angeboten bewies der Vortragende. „Mir
möchte der Einrichtungsleiter werden. Mit 20 bis 30 Leuten ist es wichtig, Schliemann
die geplanten Veranstaltun- hat sich dabei ein Stamm- nicht isoliert zu betrachten.
gen mit viel Erfolg über die publikum gebildet, das so- Darum informiere ich auch
Bühne bringen. gar aus Hamburg oder Berlin über andere Ausgrabungsor-
Noch bis zum te und Archäologen
31. März ist die seiner Zeit”, so
Fotoausstellung Reinhard Witte.
„Gesichter der Das Vorstellen
Defa” von San- der vom Troja-
dra Bergemann Ausgräber ver-
auf dem Dach- fassten Bücher Reinhard Witte wurde im Mai 2003 Nachfolger von Museumsleiter Wilfried Bölke. Nun endet in
boden des frühe- fand ebenfalls einigen Monaten auch seine Amtszeit im Schliemann-Haus. FOTOS (2): MONIKA JACOBS
ren Pfarrhauses Eingang in die
zu sehen, die Vortragsreihe. seiner Meinung nach nur an im In- und Ausland gehalten Schliemann und motivierte
mit dem Besuch Reinhard Wit- den Korrespondenzen des und damit zur Außenwirkung so manch einen zum Besuch
von Schauspie- te ist über- Mecklenburgers. unseres Museums beigetra- des Museums in Ankershagen,
ler Goiko Mitic zeugt, dass „Ich habe Spaß an Statisti- gen”, sagt der Museumsleiter, das zu den 20 Gedächtnisor-
einen Höhe- nicht jeder ken und war jetzt selbst von der in dieser Woche seinen ten von nationaler Bedeutung
punkt erlebte. Schliemann- einer Aufstellung überrascht. 65. Geburtstag feiert. Auch gehört.
„Im April stellen Forscher diese So habe ich seit Dienstantritt im Haus des Gastes in Waren
wir die philatelistische Samm- Veröffentlichungen gelesen in Ankershagen 498 Vorträge und im Kurzentrum der Mü- Kontakt zur Autorin
lung von Kurt Höppner aus habe. Viele orientieren sich zu 254 Themen an 49 Orten ritzstadt informierte er über m.jacobs@nordkurier.de
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