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tipps 25
Bücher & Filme
berühmtesten Hotels
am Platz erstochen
aufgefunden. Kom-
missar Dupin, ein-
gefleischter Pariser
und zwangsversetzt
ans Ende der Welt,
übernimmt den Fall
„Léon und und stößt in der bre-
Über drei Millionen Touristen besuchen jedes Jahr den Mont St-Michel und gehen durch Louise“, Roman tonischen Sommer-
schmale Gassen und über steile Stufen hinauf zu Abtei.
von Alex Capus. idylle auf ungeahnte
Die Geschichte Abgründe ...
beginnt mit der Goldmann Verlag,
es daher genauso wichtig, den Massentou- drängen sich gleichermaßen in der Abtei- Begegnung der bei- 2013.
rismus in den Griff zu bekommen wie den kirche. „Wir signalisieren bewusst, dass den jungen Leute im
Inselcharakter wiederherzustellen.“ unsere Türen offen für jeden sind – auch Ersten Weltkrieg in
und vor allem während der Messe.“ der Normandie, doch
Und wie geht es den Mönchen und Non- dann trennt sie ein
nen vom Mont St-Michel mit rund drei Das Renaturierungsprojekt findet Pater Fa- Fliegerangriff. Sie
Millionen Touristen jährlich? Fühlen sie bien-Marie sehr gelungen – mit einem kleinen halten einander für
sich in ihrem Ordensleben gestört? „Ganz Wermutstropfen: „Seit Mont St-Michel nur tot. Léon heiratet,
im Gegenteil“, lächelt Pater Fabien-Marie noch zu Fuß oder mit Shuttlebus erreichbar Louise geht ihren
und schüttelt dabei den Kopf. „Wir freuen ist, kommen nur sehr wenige Leute zur eigenen Weg – bis
uns über den großen Andrang. Als Stadt- Morgenandacht. Denn so früh fährt der Bus sie sich 1928 zufällig
orden, der wir eigentlich sind, möchten noch nicht.“ Für die Schwestern und Brüder in der Pariser Métro
wir möglichst viele Menschen erreichen ist das kein Problem, da sie eine Lizenz wiederbegegnen. Ein
und ihnen Gott näherbringen.“ Dass Tou- haben, mit dem Auto bis auf den Kloster- Paar, das gegen alle Ferien des
risten willkommen sind, spüren diese so- berg zu fahren. „Ein Privileg, das nicht alle Konventionen an Monsieur
fort. Pater Fabien-Marie lässt sich in den Dorfbewohner genießen.“ seiner Liebe festhält Hulot.
Gassen außerhalb des Klosters gerne in und ein eigensin- Kultfilm aus den
Gespräche verwickeln und beantwortet So üben einige Einwohner auch herbe Kritik niges, manchmal frühen 1950er Jahren
neugierige Fragen. an den Neuerungen, die ihnen nur Nachteile unerhört komisches von und mit Jacques
bringen. „Mal schnell Besorgungen auf Doppelleben führt. Tati. Monsieur Hulot
Der Orden betreibt ein Gästehaus auf der dem Festland zu machen“, klagt ein Souve- dtv, 2012. macht in der Bre-
Klosterinsel – „kein Hotel“, wie Pater Fa- nirverkäufer, „das ist viel zeitaufwendiger tagne Strandurlaub.
bien-Marie betont. „Unsere Gäste müssen geworden.“ Und der Restaurantbesitzer Er lässt kein Fett-
nicht unbedingt praktizierende Katholiken von nebenan schimpft: „Seit die Anreise näpfchen aus und
sein, aber sie sollten ein spirituelles Inter- länger dauert, nehmen sich die Besucher wird schnell zur
esse haben. Sie sollten auf der Suche nach nicht mehr die Zeit, in unserem Restaurant Nervensäge für die
Gott sein und nicht nur eine günstige Un- einzukehren. Sie kaufen sich ein Sandwich anderen Gäste. Nicht
terkunft suchen.“ Gar nicht so einfach, die auf die Hand – das war’s!“ einmal, nachdem er
wahren Motive herauszufinden. Die Brüder eine Feuerwerks-
und Schwestern prüfen die Anmeldungen Jeanne und Jacques verstehen die Einwände fabrik zur Explosion
genau, halten Rücksprache und entschei- der Einheimischen, doch als Touristen sind gebracht hat, ist
den dann, wer in einem der heißbegehrten sie hellauf begeistert von der Verwandlung, er sich des Chaos
Zimmer übernachten darf. „Unser Publikum die der berühmte Klosterfelsen in den letz- Bretonische bewusst, das er
ist bunt gemischt“, sagt Pater Fabien- ten Jahren gemacht hat – und in Zukunft Verhältnisse. verbreitet. Als er
Marie. „Zu unseren letzten Gästen zählte noch machen wird. „Man muss mehr Krimi von Jean-Luc endlich abreist, atmen
ein Magnetismus-Heiler. Er versuchte her- Zeit mitbringen als früher“, sagt Jacques. Bannalec. Im male- Gäste und Personal
auszufinden, wie er diese Gabe mit seinem „Dafür ist das Erlebnis durch den langen rischen Künstlerdorf auf – Monsieur Hulot
erwachenden Glauben verbinden könnte.“ Spaziergang über die Brücke viel inten- Pont Aven in der dagegen kann es
siver.“ Architekt Feichtinger freut’s. Auch Bretagne wird an kaum erwarten,
Mit offenen Armen empfangen die Geist- wenn er der Meinung ist: „Die schönste einem heißen Juli- wiederzukommen.
lichen auch jeden, der zur heiligen Messe kurz Art, Mont St-Michel zu erreichen, ist, übers morgen der hoch- DVD, 2015
nach 12 Uhr kommt. Gläubige und Besucher Watt zu gehen.“ n betagte Besitzer des (restauriert).