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Von Beruf: kurz notiert 7
Freibeuter
In der bretonischen Hafenstadt St-Malo
kennt jedes Kind Robert Surcouf – nicht
nur, weil hier eine Bronzestatue an den
wagemutigen Korsaren erinnert. Im Auf-
trag der französischen Regierung machte
er Anfang des 19. Jahrhunderts die Welt-
meere unsicher, kaperte und versenkte
zig Schiffe. England setzte fünf Millionen
Franc Kopfgeld auf ihn aus – ohne Erfolg.
Die meisten Kapitäne ergriffen lieber
die Flucht, wenn sie Surcouf am Horizont
Leuchtende auftauchen sahen. Seine Beutezüge Warten auf
bescherten ihm großen Reichtum – und
Wegweiser mit der Erzählung „Robert Surcouf“ von die Ebbe
Karl May auch ein literarisches Denkmal.
Strömungen, hohe Wellen, Nebelbänke – Wenn sich das Meer bei Cherrueix
die Gewässer vor der bretonischen Küste zurückzieht und den Strand freilegt,
gelten selbst für erfahrene Kapitäne als fegen die Strandsegler mit Ge schwin-
lebensgefährlich. Immer wieder prallten digkeiten von bis zu 80 Stundenkilo-
Schiffe auf die Felsklippen und rissen metern über den Sand. 2012 fanden
unzählige Seeleute und Passagiere in den hier sogar die Welt meister schaften
Tod. Um weitere Katastrophen zu ver- in dieser Sportart statt! Die Anschaf-
hindern, baute man im 19. Jahrhundert fungskosten für die flotten Flitzer
Leuchttürme in der Region Finistère. Den mit den bunten Segeln liegen
Phare de la Jument machte der Fotograf bei 5000 bis 6000 Euro. Welch ein
Jean Guichard 1989 weltbekannt, als er Glück, dass es genügend Strand-
das Pressefoto des Jahres schoss. Per- sportschulen in der Bretagne gibt,
fektes Timing, denn er fing eine Monster- die die Sportgeräte verleihen und
welle ein, die gegen den Leuchtturm Kurse anbieten. Denn Vorsicht: Die
schlug, just in dem Moment, als der Suchtgefahr ist groß!
Leuchtfeuerwärter vor die Tür trat (siehe
nächste Seite).
Auf den Spuren von Madame Bovary
Niemand würde sich für das bei Rouen gelegene Dorf Ry interessieren, hätte Gustave Flaubert
sich nicht für seinen Roman „Madame Bovary“ von dem Ort inspirieren lassen. „Le Bovary“, ein
Restaurant, erinnert daran ebenso wie der Tabakladen „Le Flaubert“. Der Roman löste nach seinem
Erscheinen 1856 einen Skandal aus. Wegen des Verstoßes gegen die guten Sitten musste sich
der Dichter vor Gericht verantworten. Heute zählt Flauberts Erstlingswerk zur Weltliteratur und
wurde mehrfach verfilmt. Regisseur Claude Chabrol verlegte den Drehort seiner „Madame Bovary“
allerdings in das nicht minder idyllische Nachbardorf Lyons-la-Fôret.
In Europa einzigartig
Nach den schweren Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg
plante Architekt Auguste Perret den Wiederaufbau
von Le Havre. Neun Jahre später ist der Stadtkern mit
seiner charakteristischen farbigen Betonarchitektur
fertig. 2005 schafft es Le Havre – neben Brasília – als
einziges Stadtensemble des 20. Jahrhunderts auf die
Liste des UNESCO-Welterbes.