Page 19 - Studiosus Kundenmagazin 1.2019 Sri Lanka
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 Elefanten kommen in Sri   sollen, müssen wir die Schulkinder schüt­  Hauses – Ergebnis eines nächtlichen Ele­
 Lanka häufig bei religiösen   zen. So ist dieser weltweit einzigartige   fantenüberfalls. „Der Bulle war vor ein paar
 Festen und Zermonien zum   Schulbus entstanden.“ Er fährt, anders als   Tagen schon einmal da“, erzählt die zier­
 die öffentlichen Busse, in den Elefanten­  liche Mittsiebzigerin, während Akila, die den
 Einsatz, doch immer mehr
 korridor hinein und sammelt Trauben von   SLWCS­Einsatz leitet, den Schaden begut­
 Tierschützer kritisieren
 Kindern ein, die früher zu Fuß oder mit dem   achtet. „Ich habe ihn rechtzeitig bemerkt
 die Lebensumstände der   Fahrrad und zuletzt fast immer in Beglei­  und mit Feuerwerkskörpern vertrieben.“
 Tempelelefanten. Häufig   tung bewaffneter Eltern den gefährlichen   Weil sie Beruhigungstabletten genommen
 werden sie mit Futter- und   Schulweg zurückgelegt haben.  hatte, verschlief sie seinen zweiten Angriff
 Wasserentzug oder mit   in ihrem Lehnstuhl. Akila deutet durch die
 Beinahe jeder Farmer besitzt entweder   zerstörte Mauer auf das Bett, auf dem sich
 Schlägen gefügig gemacht.
 ein Gewehr oder Feuerwerkskörper, um   Ziegelsteine und zerbrochenes Fensterglas
 Kontakt haben sie nur zu
 sich, seine Familie und die Felder gegen   auftürmen. „Dass sie nicht im Bett lag, hat
 ihrem Mahut, obwohl sie   Elefanten zu verteidigen. In Sri Lanka ver­  ihr vermutlich das Leben gerettet.“
 extrem soziale Herdentiere   streicht kaum eine Nacht ohne Schüsse
 sind. „Wir sollten unsere   oder Knaller. „Zum Glück geht es fast   Aber  warum  reißen  Elefanten  Well-
 Traditionen überdenken“,   immer um Abschreckung“, sagt Fernando.   blechwände nieder oder durchbrechen
 „Die Farmer schießen in die Luft oder   sogar Ziegelmauern?  Die  Antwort  ist
 meint Ravi Cornea, der
   feuern die Raketen nicht zielgerichtet ab.   banal: Weil sie dem Duft von Reis nicht
 Gründer der SLWCS. „Heute   Die meisten sind Buddhisten und ver­  widerstehen können. „Mit ihrem hervor­
 wissen wir, dass Elefanten   ehren die Elefanten, auch wenn sie ihnen   ragend ausgeprägten Geruchssinn orten
 hochsensible, intelligente   viel Schaden zufügen.“ Ein Farmer sagte   sie problemlos Reissäcke, die sich in den
 Tiere sind. Sie leiden zu   einmal zu ihm: „Hätten wir eine andere   Häusern befinden,“ erklärt Akila. „Der Reis­
 lassen, indem man sie an-  Reli gion, würde es keine Elefanten in Sri   sack, den Frau Sobana neben ihrem Bett
 kettet und durch lärmende   Lanka mehr geben.“  aufbewahrt hat, ist verschwunden.“ Jeder
 Menschenmassen treibt,   Im Elefriendly Bus wird es inzwischen voll  –
 widerspricht dem zentralen   120 Passagiere in einem Bus mit 26 Sitzen.
 Gedanken des Buddhismus!“  Busfahrer Sarath hat keine Chance, die
 Türen zu schließen. Er verlässt sich auf sei­
 Wer eine Jeepsafari in Sri   nen Kollegen, der aufpasst, dass während
 Lankas Nationalparks macht,   der Fahrt keiner herausfällt. Ihre Rucksäcke
 sieht mit großer Wahrschein -  geben die Schulkinder beim Einsteigen ab,
 damit im hinteren Teil des Busses mehr
 lichkeit Elefanten. Einige   Platz ist. Sie stapeln sich auf dem Beifahrer­
 von ihnen weisen Brand-  sitz fast bis zur Decke. „Ja, einen zweiten
 wunden oder Einschüsse auf.   Bus könnten wir gut gebrauchen“, meint
 „Heutzutage ist bei uns nicht     Gamini. „Aber wir sind dankbar, dass wir
 die Wilderei das Problem“,   diesen hier haben. Die Kinder kommen
 sagt Chandima Ferando,     sicher in die Schule, ihre Eltern haben mehr
 Zeit für die Arbeit in den Feldern und Sarath
 „sondern der Konflikt mit den   und ich haben einen Job.“
 Farmern.“ Nur rund sieben
 Prozent der männlichen   Einen  Job,  den  die  beiden  lieben.  Am
 Sri-Lanka-Elefanten haben   Pussellayaya Field House stellen sie den
 Stoßzähne. Jäger haben jahr-  Schulbus ab, und jeder setzt sich, nach
 hundertelang Bullen mit gro-  einer Tasse Tee und einer Handvoll Reis,
 hinter das Steuer eines der betagten SL­
 ßen Zähnen gefangen – ihr   WCS­Landrover. Jetzt sind Volontäre aus
 Erbe fehlt daher fast völlig   aller Welt ihre Fahrgäste. Mal geht es in
 in der aktuellen Population.   den Dschungel, um Fotofallen zu installieren,
 Spuren auszuwerten oder Elefantendung zu
 untersuchen. Mal fahren sie auch zu Ein­
 heimischen, um konkret zu helfen. So wie
 heute, nachdem ein Notruf von einer alten
 Dame eingegangen ist.
 Frau Sobana wartet schon vor ihrer Tür,   Frau Sobanas Mann ist vor Kurzem   Elefanten, die mit ihren feinen Nasen Reis
 als  der  Hilfstrupp  an  der  abgelegenen   gestorben. Ihr Hochzeitsfoto hat die nächtliche   oder andere Lebensmittel im Haus erschnüffeln,
 Farm eintrifft. Drei riesige Löcher klaffen   Elefantenattacke unbeschadet überstanden.  durchbrechen selbst Ziegelwände.
 in der Ziegelmauer auf der Rückseite des
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