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Es hätte schlimmer können. Der Umfang der notwendigen Holzarbeiten war geringer als angenommen
daher beim Bundesministerium der Ver- teidigung Mittel für die Restaurierung der nordWind. Diese wurden schon im Rah- men des Haushaltes 2019 bereitgestellt. Die Umsetzung des Projektes begann 2021. Zunächst galt es mit Hilfe einer im Vergaberecht ausgewiesenen Kanzlei einen schiffbaufachlichen Planer zu fin- den, mit welchem der Umfang der erfor- derlichen Arbeiten definiert und die Aus- schreibung einer geeigneten Werft vorge- nommen werden konnte. Mit dem Inge- nieurbüro Detlev Löll konnte ein Partner gewonnen werden, dessen Referenzliste sich wie das Who`s who der deutschen Traditionssegler liest und so prominente Namen wie den Viermaster Peking, die dagmar aaen des Abenteurers Arved Fuchs oder die sea cLouds aufweist.
Im Zuge der Vorbereitung der Ausschrei- bung der Werftvergabe, die im April 2021 begann, erwiesen sich der Umfang der Holzarbeiten und die volatile Entwicklung auf dem Holzmarkt mitten in der Coro- napandemie als besondere Herausforde- rung. Kalkulatorisch wurde von 450 lau- fenden Metern auszutauschenden Plan- ken ausgegangen, zusätzlich galt es, das gesamte Oberdeck zu erneuern. Auch am Kiel und an den Masten waren grö- ßere Arbeiten erforderlich, ebenso an der Schiffstechnik. Schließlich hatten die letzten Jahre des Fahrbetriebs gezeigt,
dass auch für einen Traditionssegler für eine sichere Teilnahme am Seeverkehr ein Bugstrahlruder sinnvoll wäre. Werden die Häfen und mit ihnen die Spielräume für Manöver doch immer enger. Im Hoch- sommer 2021 konnte das Bieterverfahren schließlich zugunsten der erwähnten däni- schen Werft entschieden werden. Gerade noch rechtzeitig vor den Herbst- stürmen verlegte die nordWind anschlie- ßend auf eigenem Kiel unter Aufsicht eines Werftkapitäns von Wilhelmshaven nach Hvide Sande, wo sie am 30. Sep- tember für eineinhalb Jahre festmachte. Die Werftliegezeit lässt sich in drei Pha- sen unterteilen. Zunächst erfolgte nach dem Verbringen in die Halle die Demon- tage und Befundung, die etwa bis Früh- jahr 2022 dauerte. Der Umfang der not- wendigen Holzarbeiten war schließlich geringer als angenommen, wodurch sich der Druck auf das verfügbare Gesamtbud- get von rund 2 Mio. Euro ein wenig ent- spannte, dafür zeigten sich weitere Schä- den, etwa am Vorsteven. Als kostenin- tensiv erwies sich die Forderung der BG Verkehr nach Einbau eines zusätzlichen Kollisionsschotts, das nach einer Neure- gelung für Traditionsschiffe generell Vor- schrift ist.
Die zweite Phase der Werftliegezeit war bestimmt von der durch die Coronapan- demie erschwerten Beschaffung geeigne- ten Eichenholzes für die Beplankung sowie von Oregon Pine für das Deck, welches anschließend einige Monate auf der Werft trocknen musste.
In der dritten Phase ab Herbst 2022 wur- den Rumpf und Deck und ein neuer Gene- rator, der für den Betrieb des Bugstrahlru- ders erforderlich ist, montiert. Letztend- lich wurde ein geeignetes Modell aus Dubai beschafft.
Die Erleichterung im Museum war daher groß, als die nordWind nach erfolgreicher Werftprobefahrt pünktlich zum 25-jähri- gen Jubiläum am 29. April 2023 die Pier des Deutschen Marinemuseums anlief und dort zu den Klängen des Marinemusik- korps Wilhelmshaven von Staatssekretärin Siemtje Möller als Vertreterin des Zuwen- dungsgebers und dem Museumsteam in Empfang genommen werden konnte. Für die ehrenamtliche Crew blieb nicht viel Zeit, sich mit dem Schiff vertraut zu machen. Bereits ab Juni ging der See- fahrtbetrieb mit Gästen wieder los. Wie in jedem Jahr endete die erste Saison nach der vollständigen Restaurierung mit der Teilnahme an der in Wilhelmshaven hei- mischen Traditionssegelveranstaltung „Wilhelmshaven Sailing Cup“, die einst als „Jade-Weser-Port-Cup“ gegründet worden war.
Nun gilt es über den Winter im Rahmen der Garantievereinbarung einige Schä- den sowie Restpunkte der Werftliste abzuarbeiten und für die Museumsver- waltung den Verwendungsnachweis für die erhaltenen Fördermittel zu erstellen. Vor allem aber muss man Nachwuchs für die ehrenamtliche Crew finden. Es fehlt sowohl an Skippern wie an Heizern, auch „Matrosen“ sind gerne gesehen, die die eingeschworene Gemeinschaft der rund 15 ehrenamtlichen Museumsseeleute ver- stärken wollen. Die Mitarbeit im Team der nordWind garantiert spannende See- fahrterlebnisse und den Austausch mit Gleichgesinnten, die gleichermaßen Freude an der Seefahrt wie der Marine- geschichte und dem Kontakt mit Gästen haben. Bei Interesse freut sich das Muse- umsteam über Kontaktaufnahme per Mail an info@marinemuseum.de, z.Hd.
Mensch.Schifffahrt.Meer.
Claus Patzelt.
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Die runderneuerte NordWINd läuft nach der Werftliegezeit erstmalig wieder ihren Heimathafen an
Leinen los! 12/2023 17
Foto: Deutsches Marinemuseum/Jenny Rosentreter
Foto: Deutsches Marinemuseum