Page 34 - Leinen los! 11/2023
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Historisches Kalenderblatt 11/2023
Der Monat November bietet gleich aus zwei Klöckner-Humboldt-Deutz Die- acht Abteilungen. Die Aufbauten sind in
zwei Gelegenheiten, sich an Flot- tendienstboote der Bundesmarine res- pektive Deutschen Marine zu erinnern. Am 3. November 1988 lief in Flensburg bei der Flensburger Schiffbaugesellschaft das Flottendienstboot alster vom Sta- pel. Knapp zwei Wochen später stellte am 15. November die erste Namensträ- gerin außer Dienst.
Die erste alster war der 1967 vom Vertei- digungsministerium angekaufte und zum Messboot Klasse 753B umgebaute Fisch- dampfer MelluM. Sie war, ebenso wie ihr Schwesterschiff Oker (ex Fischdampfer hOheWeg), ein Stahlbau mit Leichtmetall- aufbauten. Als ehemaliges Fischereifahr- zeug war die alster für die rauen nord- atlantischen Gewässer ausgelegt und somit ein sehr seetüchtiges und wetter- festes Schiff mit einer Verdrängung von rund 1500 t.
Der Antrieb war als „Vater & Sohn“- Anlage aufgebaut und sowohl diesel- mechanisch (Normalfahrt) wie auch die- sel-elektrisch (Fangfahrt, Patrouillenfahrt) oder in Kombination möglich. Er bestand
selmotoren mit Leistungen von 1800 und 545 PS sowie einem Elektro-Fahrmo- tor von 294 kW. Der größere Dieselmo- tor (Vatermotor) war für die Normalfahrt gedacht. Für die Fangfahrt mit Netz kam früher der kleinere Dieselmotor (Sohn- motor) im diesel-elektrischen Betrieb mit dem Elektro-Fahrmotor zum Einsatz. Als Messboot wurde diese Schaltung für die Patrouillenfahrt im Einsatzgebiet genutzt. Damit war eine Fahrt von 7 kn möglich. Mit beiden Motoren auf die Welle gekup- pelt, erreichten die Schiffe 17 kn.
Rund 15 Jahre war die alster, zwischen- durch zum Flottendienstboot Klasse 422 B umklassifiziert, als Aufklärungsschiff zur fernmelde-elektronischen Aufklärung des Warschauer Paktes in der mittleren und östlichen Ostsee im Einsatz. Mit den im Bau befindlichen und speziell als Auf- klärungsschiffe entwickelten drei neuen Flottendienstbooten der Oste-Klasse zeichnete sich Ende der 1980er-Jahre auch ihr Dienstende ab. Im Anschluss fand die alster Verwendung in der Türkei. Ab Okto- ber 1988 nach Izmir überführt, setzte sie
am 15. November 1988 als yunus die türkische Flagge und blieb bei der türkischen Marine bis in das Jahr 2000 als Aufklä- rungsschiff in Fahrt. Die Flottendienstboote der Oste-Klasse (Klasse 423), neben dem dritten und letzten Boot alster die Flottendienstboote Oste und Oker, haben einen hohen stähler- nen Schiffskörper mit
der vorderen Schiffshälfte angeordnet. Kurz hinter dem Brückenbereich befin- det sich ein großer flacher Radom mit einem zusätzlich aufgesetzten kugelför- migen Radom, dahinter ist ein Dreibein- mast. Ein weiterer kleinerer Aufbauten- komplex liegt in der hinteren Schiffshälfte der 2375 t verdrängenden Flottendienst- boote.
Der Antrieb der Zwei-Wellen-Schiffe erfolgt durch zwei Deutz-MWM Diesel- motoren, die jeweils 4427 PS an Leis- tung vorweisen können und mechanisch auf die Wellen wirken. Im diesel-elektri- schen Betrieb lassen sich für Schleich- fahrt zwei Elektro-Fahrmotoren mit jeweils 600 kW auf die Wellen schalten. Der Geschwindigkeitsbereich im die- sel-mechanischen Betrieb reicht von 6 bis 20 kn. Für geringere Fahrtstufen – z.B. bei der akustischen Aufklärung im Unterwasserbereich – muss mit der lei- sen diesel-elektrischen Antriebsvariante gefahren werden.
Die Flottendienstboote beobachten alle Aktivitäten und Übungen fremder See- streitkräfte sowohl auf und unter dem Wasser als auch in der Luft. Alle schiffs-, luft- und landgestützte Ausstrahlungen – nach Möglichkeit mit einer direkten Zuordnung der Quelle respektive der Plattform – werden aufgezeichnet und ausgewertet.
Im Laufe ihrer Indiensthaltung wurden die alster wie auch die Schwesterboote tech- nologisch auf dem neuesten Stand gehal- ten und zwischendurch auch umfassend modernisiert. Ihre Notwendigkeit für die strategische Informationsgewinnung ist unbestritten. 7
Name
alster (I)
alster (II)
Schiffstyp
Messboot, Flottendienstboot
Flottendienstboot
Typbezeichnung
Klasse 753 B, Klasse 422 B
Klasse 423
Schwesterschiffe
Oker (I)
Oste (II), Oker (II)
Verdrängung
1525t
2375 t
Länge × Breite × Tiefgang
72,83 × 10,52 × 5,06 m
83,35 × 14,60 × 6,20 m
Besatzungsstärke
55 (Stammpersonal), 35 (Erfassungsper- sonal)
42 (Stammpersonal), 30 (Erfassungsper- sonal)
Antrieb
2 × Dieselmotor, 1 × Elektro-Fahr- motor
2 × Dieselmotor, 2 × Elektro-Fahr- motor
Antriebsleistung
1×1800PS, 1×545PS, 1×294kW
2×4427PS, 2×600kW
Wellen/Ruder
1/1
2/2
Geschwindigkeit
17kn
20 kn
Fahrstrecke
unbekannt
5000 sm bei 18 kn
Elektronik
Radar, Navigations- und Fernmeldeanla- gen, umfangreiche Erfassungsanlagen
Radar, Navigations- und Fernmeldeanla- gen, umfangreiche Erfassungsanlagen
Das Flottendienstboot alster (I) im Heimathafen Flensburg
Zahlreiche Gäste verfolgten in Brunsbüt- tel aufmerksam die Bebunkerung der elbblue
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Foto: hkr


































































































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